11.06.2018

Interview: Wenn Hunde zuschnappen

Hunde, die nach Leckerlis schnappen – für seine außergewöhnlichen Fotos ist Christian Vieler weltweit bekannt. In unserem Interview erzählt der Fotograf und passionierte Hundefreund, wie seine Schnappschüsse entstehen.

Foto Erhardt: Hallo Herr Vieler, vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben. Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Christian Vieler: Schön, dass wir miteinander sprechen. Mein Name ist Christian Vieler. Ich bin 48 Jahre alt. Ich bin ein absoluter Quereinsteiger.

Ich habe lange Jahre als Journalist im Lifestyle-Bereich gearbeitet, anschließend war ich als Social-Media-Manager in einer Digital-Agentur beschäftigt.

2011 habe ich mir meine erste Spiegelreflexkamera gekauft. Um Freunde und Familie nicht mit schlechten Bildern zu nerven, habe ich meine ersten Versuche mit meiner Hündin Lotte gemacht.

Foto Erhardt: Und dabei entstanden dann die Schnappschüsse?

Christian Vieler: Als ich mein Blitzsystem ausprobieren wollte, um Bewegungen einzufrieren, wollte sich Lotte partout nicht bewegen. Also habe ich mit der rechten Hand die Kamera festgehalten und mit der linken Hand Leckerlis geworfen.

Dass die Bilder ziemlich cool aussehen, habe ich dann beim Aufräumen der Festplatte bemerkt. Ich fand das Foto der zuschnappenden Hündin einfach nur lustig und lud es auf meinen Social-Media-Konten hoch – das war 2014.

Foto Erhardt: Und wie ging es dann weiter?

Christian Vieler: Ein Jahr später entdeckte eine internationale Fotoagentur meine Bilder und bot diese einigen Zeitungen an. Auf einmal wollten alle die „Schnappschüsse“ haben. Es meldeten sich Journalisten aus der ganzen Welt.

Meine Fotos erschienen auf Portalen wie der Daily Mail, Huffington Post oder bei Spiegel Online. Dann kamen noch Interviews in der BILD, im Stern oder der Zeitung The Sun.

Und ich war im Fernsehen, beispielsweise im SAT 1-Frühstücksfernsehen. Danach kamen immer mehr Kunden zu mir, sodass ich mich im November 2016 selbstständig gemacht habe.

Foto Erhardt: Was ist Ihre Intention?

Christian Vieler: Ich bin ein leidenschaftlicher Hundefreund. Daher macht mir mein Beruf sehr viel Freude. Hochzeits- oder Werbefotografie würde mir keinen Spaß machen. Hunde hingegen sind meine Familie. Mein Beruf ist eine Herzensangelegenheit.

Foto Erhardt: Wo liegen die Herausforderungen bei der Hundefotografie? Was ist besonders schwierig?

Christian Vieler: Hunde sind eben Tiere. Man kann mit ihnen im Vergleich zu menschlichen Modellen nur eingeschränkt kommunizieren. Ich arbeite bei Portraits immer mit eng gesetztem Licht.

Hat der Hund keine Lust still zu sitzen, muss sehr oft neu eingestellt werden – eine sportliche Angelegenheit für mich, da ich auf dem Boden sitzend arbeite.

Foto Erhardt: Wie ist Ihre Vorgehensweise im Studio?

Christian Vieler: Die Hunde müssen als erstes ankommen. Daher beachte ich sie in den ersten 10 Minuten nicht, sodass die Tiere das Terrain erkunden können. 70 – 80 % der Tiere kommen in dieser Zeit von sich aus auf mich zu.

Wenn die Tiere sich entspannen, biete ich Leckerlis an. Nach 10 – 15 Minuten geht es dann los.

Dabei muss ich stets auf den Hund achten. Denn wenn ein Hund erst einmal reserviert ist, habe ich keine Chance auf ein Foto.

Foto Erhardt: Wie stellen Sie Ihre Kamera ein?

Christian Vieler: Als Autodidakt war es für mich anfangs eine Herausforderung, die Bewegung einzufrieren und ich musste mich in Themen wie „SuperSync“ oder „Abbrennzeit des Lichtes“ einarbeiten.

Heute arbeite ich mit schnellen Blitzen bei einer Verschlusszeit von von 1/160 Sekunde bei Blende f/13 oder f/14 und meistens mit einer Empfindlichkeit von ISO 320.

Foto Erhardt: Welches Equipment verwenden Sie?

Christian Vieler: Ich arbeite mit einer Canon EOS 5D Mark IV. Als Objektiv nutze ich das Canon EF 16-35mm 1:4 L IS USM.

Da meine Shooting-EVENTS mit bis zu 15 Hunden teilweise 10 Stunden dauern und ich kein Stativ nutze, brauche ich ein leichtes Objektiv.

Außerdem habe ich noch eine Canon EOS 7D Mark II im Koffer. Diese nutze ich mit einem Canon EF 70 – 200 mm f2,8 L IS II USM gerne im Outdoor-Bereich.

Als Blitzgerät benutze ich den Kompaktblitz Profoto D2, aber auch mal einen einfachen Systemblitz mit Softbox – je nach Anforderung.

Für die Portraits mit Bokeh nutze ich das Canon EF 85 mm f1,4 L IS USM.

Foto Erhardt: Welche Tipps haben Sie für andere Fotografen?

Christian Vieler: Als Quereinsteiger und ungelernter Fotograf geben ich ungern Tipps. Vielleicht nur diesen einen für Hobbyfotografen: Sucht Euch bewusst Problemstellungen und arbeitet dann an Lösungen.

Ich habe mir beispielsweise anfangs gefragt, wie ich die Schärfe in mein Bild bekomme. Dann habe ich mir meine Fotos angeschaut und mich dann über Tutorials weitergebildet.

Foto Erhardt: Was ist Ihre schönste Erinnerung bei der Fotografie?

Christian Vieler: Mein schönster Moment ist der, als die Schnappschüsse geboren wurden. Bis dahin war ich ein normaler Angestellter in einer Social-Media-Agentur und habe 50 Stunden in der Woche gearbeitet.

Die Fotografie hat mein Leben auf den Kopf gestellt.

Foto Erhardt: Was macht Sie so erfolgreich?

Christian Vieler: Ich fühle mich nicht besonders erfolgreich. Ich hatte einfach sehr viel Glück durch den medialen Rückenwind. In mir ist eine große Portion Dankbarkeit. Lieber versuche ich mich stetig zu verbessern. Das ist meine Motivation.

Ich versuche immer, das Beste herauszuholen.

Zur Person:
Christian Vieler arbeitete als Journalist und Social-Media-Redakteur. 2012 begann er als Hobbyfotograf mit seinen „Schnappschüssen“. Seit 2016 widmet er sich hauptberuflich der Hundefotografie. Er lebt und arbeitet zusammen mit seiner Labradorhündin Lotte in Waltrop bei Dortmund.

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