02.05.2018

Reinigung und Pflege von Optik

von Bernd Grumblies

Irgendwann ist es mal so weit: beim Blick durch das Fernglas sind keine gewohnt knackscharfen, hellen und kontrastreichen Bilder zu sehen oder die Fotos der Digitalkamera erscheinen flau und matschig. Woran liegt das? Das Grübeln beginnt! Im folgenden will ich die Gründe für nachlassende fernoptische Leistungen erläutern, Hinweise zur Pflege derselben und Tipps zur Abhilfe geben.

Sowohl das Fotografieren als auch das Jagen erfordert hochwertige Objektive bzw. Fernoptik als wichtigstes Handwerkszeug und der Umgang damit ein hohes Maß an Sorgfalt und Fingerspitzengefühl. Die minimalen Fertigungstoleranzen besagter Fernoptik und Objektive liegen teilweise außerhalb des menschlichen Vorstellungsvermögens. Und nur dadurch ergibt sich das erforderliche präzise Bild. Hochwertige Objektive sowie Fernoptik ist werksseitig robust für den täglichen Alltag und auf jahrzehntelange Nutzung ausgelegt. Der ärgste Feind der Optik ist nicht zwangsläufig ein plötzlich von außen kommender Schlag, der die Bildqualität mindert, sondern zumeist ein schleichender Prozess der Verunreinigung und damit verbunden die Beschädigung der optischen Außenflächen. Durch den Gewöhnungsprozess fällt die Qualitätsminderung im Verlauf der Zeit kaum noch auf, man nimmt den Zustand einfach hin. Erst ein Vergleich mit neuen bzw. richtig gereinigten Geräten bringt die „Erleuchtung“.

Objektive und Okulare, letztere besonders, sind über den gesamten Lebenszyklus von Qualitätsverlust betroffen. Grobe Verunreinigung im täglichen Gebrauch ist schnell erkannt, ein kritischer Blick entlarvt den „Dreck auf der Optik“. Im Allgemeinen schafft dann das lange im Gebrauch stehende Taschentuch oder ein Tempo aus der Hosentasche Abhilfe. Die geübte Praxis des „Anhauchens“ der optischen Oberflächen und kreisförmiges Reiben über Objektive und Okulare sind jedem Nutzer hinlänglich bekannt. Wer diesen „Reinigungsprozess“ mit der Beharrlichkeit eines Betrunkenen über einen längeren Zeitraum praktiziert, zerstört auf Dauer und meist nicht mehr reparabel die optischen Außenflächen.

Vergütung kontra Schmierfilm

Zum Verständnis ein Hinweis auf die Beschaffenheit optischer Oberflächen. Sie sind zur Reduzierung von im optischen System herumirrendem Streulicht vergütet und diese sorgt für einen möglichst großen Lichtdurchlass und Behebung von Bildfehlern. Brillenträger kennen die Vergütung als Entspiegelung. Die einzelnen Vergütungsschichten sind extrem dünn, ihre Dicke beträgt zum Beispiel bei einem Fernglas von Swarovski pro Schicht zwischen 30 und 120 Millionstel Millimeter. Das Swarovski SLC 8×56 WB besitzt beispielsweise weit über 100 verschiedene Vergütungsschichten. Die außen liegenden Schichten sind zwar besonders verschleißfest gegen mechanische Beanspruchungen ausgelegt, dennoch zerstört dauerhaft unsachgemäßes Reinigen – je nach Intensität – die Bildqualität bis hin zur Unbrauchbarkeit der Optik.

Auf die optischen Außenflächen setzt sich ohne sachgerechte Reinigung und Pflege im Lauf der Zeit Schmutz in verschiedenster Form ab. Insbesondere Schmierfilme kennt jeder Autofahrer von der Frontinnenscheibe seines PKW. Auch durch intensives Reinigen mit ungeeigneten Mitteln bleiben darauf immer noch genügend Verunreinigungen, die den klaren Durchblick trüben. Auf optischen Außenflächen lagern sich im Auto Nikotindunst, Plastikausdünstungen und Autoabgase ab. In Schränken ergibt verdampfendes Reinigungsöl/Schaftöl und ähnliches eine fette, schmierige Gemengelage, die wegen ihrer ebenfalls geringen Dicke oft nicht erkannt und als eine Vergütung angesehen wird. Der Schmierfilm allein setzt nur die Lichtdurchlässigkeit herab, schädigt jedoch nicht die optischen Oberflächen.

Fatal auf die Vergütung wirkt im Schmierfilm eingelagerter feinster kristalliner, harter Staub. Er ist im Gegensatz zu Sandkörnern kaum sichtbar. Erfolgt bei derartiger Verunreinigung das zuvor beschriebene Putzen mit dem Taschentuch, wird der wie Schmirgelpapier wirkende kristalline Staub oft kreisförmig auf der Vergütung herum gerieben. Je nach Intensität des Putzens wird dadurch die Vergütung dauerhaft mechanisch geschädigt oder gar zerstört. Die am Stammtisch oft gehörte Meinung, man könne solche Kratzer herauspolieren, gehört in den Bereich der Fabe! Einmal zerstörte optische Außenflächen sind unrettbar verloren und die betroffenen optischen Bauelemente müssen ersetzt werden. Ein sehr kostspieliges Unterfangen.

Optische Außenflächen richtig reinigen

Zunächst der Normalfall im täglichen Gebrauch: die feldmäßige Reinigung. Wann immer möglich muss vor jeder Reinigung der beschriebene, nahezu unsichtbare kristalline Staub entfernt werden. Hierzu eignet sich am besten ein feiner Reinigungspinsel zur Not auch ein bislang ungenutzter Schminkpinsel. Bitte keinen Schweineborstenpinsel von Malermeister Quast! Mit dem Pinsel nun die optischen Außenflächen intensiv abstauben. In Ermangelung eines Reinigungspinsels reicht auch ein Ablecken der optischen Außenflächen – Mahlzeit. Ein Anhauchen reicht definitiv nicht. In beiden Fällen sind die Glasflächen nun staubfrei. Erst danach kommt ein gutes optisches Reinigungstuch oder am besten Microfaser-Tuch aus dem Fachhandel zum Einsatz. Jetzt zunächst die Glasflächen leicht anhauchen und mit dem staubfreien optischen Reinigungstuch abwischen. Nie kreisförmig abwischen und dabei Kraft aufwenden! Denn hierdurch besteht die große Gefahr, dass Dreckpartikel, die im Spalt zwischen Linse und Gehäuse haften, unbemerkt über die Oberfläche gerieben werden. Feuchte Reinigungstücher von einem bekannten Markenhersteller haben sich ebenfalls bewährt, aber nie ohne vorhergehendem Einsatz des Reinigungspinsels. Das Reinigungstuch nicht wie ein Taschentuch in der Hosentasche oder locker in der Fototasche, sondern immer in einem staubfesten Plastiktütchen aufbewahren!

Kampf dem Schmierfilm

Der bereits beschriebene Schmierfilm lässt sich allerdings auf diese Weise kaum entfernen. Hier müssen intensivere Methoden helfen. Das nachfolgend beschriebene Verfahren ist nur auf höchstwertige Optiken anzuwenden. Bereits Produkte mittlerer Qualität und erst recht fernoptischer Müll aus der Grabbelkiste erfüllen die folgenden Anforderungen oft nicht und können allein durch die Reinigung Schaden nehmen. Als Beispiel für die folgende Reinigungsprozedur dient ein Fernglas von SWAROVSKI OPTIK.

Zunächst die Augenmuscheln entfernen. Das Okular liegt nun mit der Oberfläche frei. Auf Objektive und Okulare jeweils einen kleinen Tropfen Spülmittel geben und diesen unter dem laufenden Wasserhahn mit lauwarmen Wasser abspülen. Danach trockenwischen oder trocknen lassen. Zum eigentlichen Entfernen der Schmierfilme ist technischer/medizinischer Äther eine sehr gute Lösung. Achtung: Äther ist ein hochwirksames Betäubungsmittel und wird zumeist nur über Apotheken abgegeben. In manchen Ländern ist die Abgabe an Nichtberechtigte untersagt. Äther unter allen Umständen dem Zugriff von Kindern entziehen!

Ein Wattestäbchen mit Äther befeuchten und die optischen Außenflächen abwischen. Schmierfilme sind sehr hartnäckig, daher das Abwischen mehrfach unter Wechseln des Wattestäbchens wiederholen. Äther löst die Schmierfilme und – was entscheidend ist – verdampft rückstandsfrei! Aus diesem Grund keine haushaltsüblich vorhandenen Mittel, wie Fensterreiniger, Waschbenzin, Brennspiritus, Nagellackentferner und ähnliches verwenden. Sie hinterlassen ihrerseits feine Rückstände. Nach dem Reinigen die optischen Außenflächen anhauchen und mit dem trockenen Reinigungstuch den eventuell entstandenen leicht grauen Ätherbelag entfernen. Falls Äther nicht vorhanden, ist hochwertige Optikreingungsflüssigkeit aus dem Foto-Fachgeschäft ein sehr guter Ersatz.

Die Glasflächen der Fotoobjektive können ebenfalls wie oben beschrieben, jedoch nur selten unter lauwarmem Wasser gereinigt werden! Eine Reinigung unter fließendem Wasser überleben nur sehr hochwertig verarbeitete Objektive.

Oft wird nach dem Reinigungsprozess ein Polieren der optischen Oberflächen mit einem sogenanntem LensPens empfohlen. Diese Geräte besitzen einen zumeist brauchbaren Reinigungspinsel, aber auch eine Polierplatte, mit der die gereinigten optischen Oberflächen schlussendlich poliert werden sollen. Bitte tun Sie das nicht. Falls sich unbemerkt ein kristallines Staubkorn in die Polierplatte eingeschlichen hat, kann die Vergütung unbewusst zerstört werden. Mein Rat daher: Finger weg von solchen Polierstiften. Insbesondere auch bei Verwendung im Innenbereich einer Kamera.

Es ist sehr ratsam, Fernoptik ca. alle 6-7 Jahre beim Hersteller überprüfen lassen. Fehler werden dort rasch erkannt und zumeist kostengünstig behoben. Ausziehspektive sowie Schiebezoom-Objektive wie zum Beispiel das Canon EF 100-400mm in der ersten Version (nicht das II) bedürfen bei intensiver Nutzung eine häufigere Reinigung im Werk. Auf Grund Ihrer Konstruktion wirken sie wie eine Luftpumpe und saugen auch feuchte Luft ein, die zu groben Verunreinigungen im Inneren können.

Fern- und Fotooptik stets außerhalb des Gebrauchs in der Aufbewahrungstasche geschützt aufbewahren, sowie die optischen Außenflächen durch einen Deckel abdecken. Im Einsatz sind besonders die Fernglasokulare gegen Verschmutzung von oben gefährdet. Sie sollten immer abgedeckt sein und die Abdeckung erst kurz vor Gebrauch entfernt werden.

Zusammenfassung

Objektive sowie Fernoptik für Naturbeobachtung oder die Jagd sind höchstwertiges Handwerkszeug und sollten dementsprechend pfleglich behandelt und gehandhabt werden. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz zieht häufig schlechte Bilder im Auge oder in der Kamera nach sich. Wer sich prinzipiell an die oben beschriebenen Grundregeln hält, wird viele Jahre und Jahrzehnte große Freude an seiner Optik haben. Wer seine Objektive und Fernoptik nicht richtig pflegt und behandelt, erzielt zumeist schlechte oder sogar unbrauchbare Bilder. Damit muss er dann leben.

Wer dagegen Jagdoptik ruiniert, verstößt in vielen Fällen gegen das Prinzip der Waidgerechtigkeit, also des „tierschutzgerechten Jagens“. Wer auf Grund unzureichend gepflegter Jagdoptik ein falsches Wild beschießt, handelt verantwortungslos!

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