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27.03.2018

Systemwechsel

»Manchmal sind unsere besten Entscheidungen die, die völlig sinnlos erscheinen.«
– Ted Mosby, How I Met Your Mother

DIE QUAL DER WAHL

Ich gebe unumwunden zu: Ich bin nicht ganz dicht. Die Entscheidung, ein bestimmtes Kamerasystem zu nutzen, habe ich bisher stets mit der Gewissheit getroffen, dass ich auch irgendwann wieder auf ein anderes System wechseln könnte.

Dank meiner Tätigkeit bei Foto Erhardt habe ich ständig die unterschiedlichsten Kameras in der Hand. Meine Workshop-Teilnehmer nutzen Spiegelreflex- und Systemkameras aller Hersteller, und ich bin auf alle vorbereitet. Mir sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede somit wohlbekannt, und auch wenn ich nicht jedes Modell bis ins letzte Detail kenne, kann ich dennoch mit allen Kameras recht selbstverständlich umgehen.

Diese Selbstverständlichkeit erleichtert meinen Job immens. Die Kehrseite der Medaille: Mich selbst auf ein System festzulegen fällt mir sehr schwer.

Ausnahmslos jede Kamera ist ein Kompromiss, das perfekte System gibt es nicht. Ich weiß, es ist mutig, so eine Aussage auf der Website eines Fotohändlers zu veröffentlichen, aber wenn ich schreiben würde, alle Kameras seien perfekt, empfände ich das als Bankrotterklärung an meine Glaubwürdigkeit.

Keine Kamera ist perfekt.

Welchen Kompromiss man letztendlich eingeht, ist eine ganz individuelle Entscheidung. Größe und Gewicht, Bildqualität, Material, Akkulaufzeit, Funktionen, Geschwindigkeit, Zubehör, Verfügbarkeit und natürlich nicht zuletzt der Preis wollen abgewägt werden. Wohl dem, der das alles sofort entscheiden kann.

WAS BISHER GESCHAH

Ich war treuer Nikonianer. Meine Kamera war mein zuverlässiges Werkzeug, der Fels in der Brandung. Doch meine Nikon D300s kam in die Jahre und Nikon forcierte andere Modellreihen – ein Nachfolger war scheinbar nicht geplant.

So kam mir 2013 der komplette Umstieg auf Olympus sehr gelegen. Die erste OM-D lieferte im Vergleich zu meiner alten Nikon eine bessere Bildqualität bei erheblich geringerem Volumen und extrem geringerem Gewicht. Eine Offenbarung.

2016 veröffentlichte Olympus die PEN-F, und bereits beim ersten Anblick dieser Kamera auf dem Titel der Ankündigung war klar: Meins. Das Exterieur erinnert an eine historische Messsucherkamera. Intern werkelt jedoch modernste Technik, die Optionsvielfalt ist umwerfend.

Die Kamera kaufte ich im Kit mit dem Olympus 17 mm f1.8, dazu musste ich unbedingt das 75 mm f1.8 haben – dieses Objektiv war schon seit 2013 meine absolute Lieblingslinse, und für das MFT-System ist sie das bis heute. Das Teil ist einfach verdammt geiles Glas.

In den regulären Workshops setze ich meistens auf meine berufliche Olympus OM-D E-M5 Mark II, zu spezielleren Themen wie z.B. Porträtfotografie nehme ich auch gerne mal meine PEN mit, wenn ich der Meinung bin, dass da auch mal ein spannendes Foto entstehen könnte, für das ich privat Verwendung hätte.

Und grundsätzlich bin ich mit den Ergebnissen aus diesen Kameras auch zufrieden, aber irgendetwas fehlt. I just couldn’t put my finger on it.

Janin in Denkerpose.

Schön enger Ausschnitt: Olympus PEN-F mit 75 mm f1.8, direkt aus der Kamera.

UND EWIG LOCKT…

Neuheit hier, Innovation da – wer in der Fotobranche arbeitet, sieht sich ständig mit dem nächsten, großen Wow! konfrontiert. Die Euphorie ebbt natürlich mit den Jahren etwas ab, aber dennoch stellt sich immer mal wieder ein leichtes Will-haben-Gefühl ein, das man allein schon aus finanzieller Sicht besser ignoriert.

Dennoch schwappte der Wunsch nach einer Vollformatkamera immer wieder an meine mentale Wasseroberfläche, den ich jedoch stets mit der Argumentation Leistung pro Gramm – also der Relation von Größe und Gewicht zu tatsächlicher Bildqualität – erfolgreich unterdrücken konnte.

Bis jetzt.

Ein vernünftiger Einstieg in die Welt des Vollformats wäre sicherlich eine Canon EOS 6D Mark II oder eine Nikon D750 gewesen, aber neben den relativ großen Kameragehäusen – die von vielen Fotografen geschätzt werden – bringen die Objektive doch so einiges auf die Waage. Damit fiel dann letztendlich auch Sony raus. Die 7er Alphas sind geniale Kameras, aber die Optiken sind mir persönlich leider eine Spur zu wuchtig.

“Wer ’ne Klappe wie ich hat, braucht keine Muckis.” Diesem Leitsatz des deutschen Sprachgenies Prinz Pi folgend gibt meine Oberarmmuskulatur keine langen Einsätze schweren Profi-Equipments her. Is’ halt so.

SHE’S GOT THE LOOK

Die Vorteile des Vollformats sind nicht von der Hand zu weisen, auch wenn in diversen Foren und auf anderen Plattformen gerne von lediglich geringen Unterschieden zu kleineren Kamerasensoren berichtet wird.

Das Vollformat punktet beim Dynamikumfang und mit ISO-Reserven. Das sind bis jetzt unumstößliche Fakten. Für meine Bildideen aber noch viel interessanter: Das Freistellungspotenzial ist höher, denn die Schärfentiefe ist bei Fotografien besonders mit großer Blendenöffnung geringer. Erheblich geringer.

Aber ein matschiger Hintergrund macht noch kein Foto. Ich stoße – vor allem online – immer mal wieder auf Fotografien, die irgendwie anders wirken, denen ein besonderer Zauber inne zu wohnen scheint. Farben, Kontraste und Schärfe sind bei manchen Fotos einfach… geiler.

Wer schon mal mit mir persönlich zu tun hatte, dürfte wissen, dass mir Bildbearbeitung alles andere als fremd ist. Seit 1999 ist Adobes Photoshop mein treuer Weggefährte, mit dem ich eigentlich alles so zurecht schrauben kann, wie ich mir das vorstelle.

Bis auf diesen Zauberlook.

UND DANN KAM LEICA

Ich bin mir immer noch nicht so ganz sicher, ob ich jetzt wütend oder dankbar sein soll, mit einer Leica M konfrontiert worden zu sein. Obwohl ich schon viele Jahre der Fotobranche treu bin, ging Leica konsequent an mir vorbei.

Warum? Geld.

Leica kostet viel Geld. Leica ist nicht zu teuer, das ist ein gewaltiger Unterschied. Aber Leica kostet sehr viel Geld. Habe ich schon erwähnt, dass Kameras von Leica sehr viel Geld kosten?

Die Objektive kosten natürlich auch. Sehr. Viel. Geld.

Dieser Umstand führt auch dazu, dass Kameras und Objektive von Leica in unserem Hause wie rohe Eier behandelt werden. Ich arbeite seit 12 Jahren für Foto Erhardt, und in diesen zwölf Jahren kann ich mich an genau zwei (in Zahlen: 2) Situationen erinnern, in denen ich eine Leica in die Hand nehmen durfte. Natürlich nur mit Handschuhen. An ein Auslösen war gar nicht zu denken.

Ich begegnete den Kameras somit stets mit einer gehörigen Mischung aus Respekt und Ehrfurcht.

Jetzt spiele ich täglich mit einer.

BIST DU DENN IRRE?

Klares Ja, aber das habe ich eingangs bereits zugegeben. Ich liebe die Fotografie. Ich liebe großartige Fotografien und ich liebe es, selbst Fotografien zu gestalten. Und als ich das erste Mal den Auslöser einer Leica M betätigte, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass es dem Hersteller – oder besser: den an der Produktion dieser Kamera beteiligten Menschen – genau so geht wie mir.

Wie ich bereits im Beitrag über meine Foto-Challenge schrieb, werden moderne Kameras gerne mit einer umfangreichen Funktions-Vielfalt ausgestattet. Darüber definieren sich viele Modelle und erkämpfen sich so ihre Daseinsberechtigung. Und ich weiß diese Vielfalt zu schätzen, denn so gibt es für jede fotografische Vorstellung auch das passende Werkzeug am Markt. Die Innovationen der letzten Jahre sind dahingehend wirklich bemerkenswert, und der spürbare Konkurrenzkampf ist letztendlich kundenfreundlich. Es gibt wirklich für jeden etwas.

Jedem Tierchen sein Plaisierchen.

Des einen Freud kann jedoch auch schnell zu des anderen Leid werden. Mir fehlte irgendwie der Fokus auf das Fundament der Fotografie, auf den Ursprung eines jeden Fotos. Ich wünschte mir eine Rückbesinnung auf das Wesentliche.

Genau das macht eine Leica M. Genau das ist eine Leica M.

DAS WESENTLICHE

Ganze vier Dinge gilt es an einer M einzustellen: Schärfe, Blende, Zeit und Empfindlichkeit. Kein Wunder also, dass man auch eine digitale Leica ohne Display bekommen kann. Die hätte ich auch beinahe genommen.

Die Schärfe wird manuell am Objektiv eingestellt, einen Autofokus gibt es nicht. Das mag jetzt erstmal altbacken klingen, birgt aber tatsächlich schon den ersten großen Vorteil. Wo bei anderen Kameras stets entschieden werden will, ob der Autofokus einmalig oder kontinuierlich auf einem vordefinierten Fokusmessfeld, einer Kombination aus mehreren, zusammenhängenden Fokusmessfeldern oder von der Kamera automatisch gewählten Fokusmessfeldern die Schärfe ermitteln soll (die Optionsvielfalt dürfte an diesem langen Satz bereits deutlich werden), brauche ich bei einem manuellen Fokus diese Entscheidung gar nicht fällen. Durch den Sucher schauen, Schärfe einstellen, fertig.

Okay, das muss man üben. Aber das wird schon.

Schnappschuss vom Kater im Karton.

Mit irgendwas muss man ja üben. Warum also nicht mit Katze in Kiste?

Was besonders auffällt: Dank fehlendem Autofokus ist Leica in der Lage, sehr lichtstarke Objektive sehr klein und kompakt zu halten. Der Kauf eines solchen Objektivs erinnert dann auch eher an Schmuck: Kleine Schachtel, großer Preis.

Die Blende wird ebenfalls manuell am Objektiv eingestellt. Eine Leica M verfügt über keine Blendenautomatik. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wer will die auch? Sicher, wer noch nie vom Belichtungsdreieck Blende, Zeit, ISO gehört hat und nicht weiß, was die Blendenöffnung für eine Fotografie bedeutet, wird mit einer rein manuellen Blendensteuerung nicht glücklich. Aber derjenige ist eben auch nicht die Zielgruppe für eine M. Und liest hier vielleicht auch nicht mit.

Verschlusszeit und ISO hingegen können von der Kamera übernommen werden, hier gibt es am Rädchen jeweils das berühmte A. Für wenn’s mal schnell gehen muss.

Aber bei einer Leica M geht es gar nicht um schnell. Da ich nur über das Wesentliche (jaja, ich wiederhole mich) eines Fotos zu entscheiden habe und nicht drölftausend andere Dinge vor der Aufnahme mit der Kamera abklären muss, findet eine radikale Entschleunigung statt.

Und die bewusstere Auseinandersetzung mit dem Motiv.

Sollte jemand von Leica hier aus Versehen mitlesen: Ich hätte einen Vorschlag für einen neuen Werbeslogan.

Leica M – Einfach. Bewusst.

SO SIEHT’S AUS.

Es ist nicht nur das Bedienkonzept, das mich von der ersten Sekunde an komplett überzeugte. Der Look, der mit der Kombination einer Leica M und einem Leica Objektiv erzeugt wird, ist einzigartig. Und nicht mit anderen Mitteln reproduzierbar.

Schärfe, Bokeh, Kontrast, Farbe (oder Schwarzweiss)… ich zitiere Horst Lichter: “Ein Träumchen.”

Da war er also, mein Zauberlook. Einfach so. Out-of-cam.

Woran das liegt, wissen wohl nur die Götter… äh, die Ingenieure in Wetzlar und Solms.

Aber abgesehen von diesem Look wird der Unterschied zwischen kleineren Sensoren und dem Vollformat-Sensor, der seit der Leica M9 in jedem M-Modell ein Zuhause findet, mehr als deutlich. Ich kann nun völlig schmerzfrei mit ISO 6.400 fotografieren, bei besonders wenig Licht wage ich mich sogar bis ISO 10.000 und weiß, dass das Ergebnis noch absolut brauchbar sein wird.

Der Belichtungsspielraum beim Entwickeln der RAW-Dateien hat mich dann völlig aus den Socken gehauen. Selbst wirklich überbelichtete Motivanteile lassen sich – natürlich nur in einem gewissen Rahmen – mitunter sehr bequem retten. Das kannte ich so aus meinen vorherigen Kameras nicht.

Dazu kommt ein verblüffender Detailgrad, den ich Leicas exzellentem Glas zuschiebe. Was hier bei Architekturfotos beim Hineinzoomen knackscharf wiedergegeben wird, ist phänomenal.

Ende der Lobeshymne.

Ein abstrakter Treppenaufgang.

Mein Lieblingsfoto vom letzten Praxis-Workshop in Münster. In der originalen Auflösung ist das Gesicht der jungen Dame wunderbar zu erkennen.

GEWECHSELT

Es ist vollbracht, der Systemwechsel ist vollzogen. Mein Hauptwerkzeug ist nun eine Leica M10 mit einer 35 Millimeter Festbrennweite. Die Gründe dafür lesen sich schon fast wie utopisches Wunschdenken.

Ein Kamerasystem mit leistungsstarkem Vollformat-Sensor in kompaktem Gehäuse höchster Fertigungsgüte mit intuitivem und übersichtlichem Bedienkonzept und äußerst kompakten Objektiven. Und das made in Germany. Really.

Aber eins vermisse ich dann doch. Na gut, fast. Die Gewissheit, irgendwann auch wieder auf ein anderes System zu wechseln, ist irgendwie weg. Aber ich glaube, da ich auch weiterhin Kameras aller anderen Hersteller in meinen Workshops in der Hand haben werde, riskiere ich nicht, einen elitären Scheuklappenblick zu entwickeln.

Und jetzt werde ich mit einer Olympus ein Video drehen. Über Canon.

Alles wird gut.

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