23.03.2023

Polarlicht vorhersagen – Tipps vom Wetterfotografen Bastian Werner

Wenn du den hohen Norden besuchen möchtest, um das faszinierende Polarlicht zu beobachten und zu fotografieren, ist es wichtig, dass du lernst, wie du es vorhersagen kannst. In diesem Blog wirst du alles über Sonnenstürme erfahren, die auf die Erde treffen und ob es zu Polarlichtaktivitäten kommt. Darüber hinaus wird auch das Wetter eine entscheidende Rolle spielen. Um Polarlicht vorhersagen zu können, benötigst du folgende Daten:X-Ray Flux

  • Sonnenflecken
  • LASCO-Satellitenfilm
  • Sonnenwind-Vorhersage
  • Partikelgeschwindigkeit
  • Partikeldichte
  • Bz-Wert
  • Magnetometer

Polarlicht vorhersagen: Der Sonnenwind

Die Sonne ist der Ort, an dem die Kernfusion stattfindet. Hierbei wird der einfachste Baustein des Universums, der Wasserstoff, zu Helium fusioniert. Dieser Prozess setzt enorm viel Energie frei. Aufgrund der hohen Temperaturen auf der Sonne kommt der Wasserstoff fast ausschließlich in ionisierter Form vor – als positiv geladenes Proton, das sein Elektron abgegeben hat. Durch die thermischen Prozesse und Teilchenströme auf der Sonnenoberfläche werden extrem starke magnetische Felder erzeugt. Diese Felder beschleunigen Ionen und Elektronen in Richtung Erde, wodurch ein konstanter Teilchenstrom entsteht, der als Sonnenwind bekannt ist. Die Sonne verliert pro Sekunde etwa 1.000.000 Tonnen Masse aufgrund dieses Prozesses.

Gelegentlich kann es auf der Sonnenoberfläche zu extrem starken Sonneneruptionen kommen. Diese Ereignisse führen dazu, dass besonders schnelle Teilchen in das Weltall geschleudert werden. Wenn eine solche Sonneneruption in Richtung der Erde gerichtet ist, kann dies zur Vorhersage von Polarlicht führen. Wenn die geladenen Teilchen auf das Erdmagnetfeld treffen, kann es zu einer Polarlichtaktivität kommen. Sonneneruptionen haben ihren Ursprung in den Sonnenflecken. Diese kälteren Bereiche in der äußeren Hülle der Sonne sind leicht zu beobachten.

Sonnenflecken

Polarlicht vorhersagen: X-Ray Flux

Wenn auf der Sonnenoberfläche eine Eruption stattfindet, werden elektrische Ladungen auf extrem hohe Geschwindigkeiten beschleunigt, wodurch Röntgenstrahlung entsteht. Diese Strahlung bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit in Richtung Erde und erreicht uns innerhalb von nur 8 Minuten. Im Gegensatz dazu benötigen die geladenen Teilchen des Sonnensturms, die bei einer solchen Eruption freigesetzt werden, 48 bis 72 Stunden, um die Erde zu erreichen.

Daher ist der X-Ray-Flux, also die Menge an von der Sonne ausgestrahlter Röntgenstrahlung, ein wichtiger Indikator für die Vorhersage von Polarlichtaktivitäten. Alle Grafiken und Daten in diesem Zusammenhang stammen von www.polarlicht-vorhersage.de. Obwohl die Website auf Deutsch ist, lassen sich die Grafiken auch ohne Sprachkenntnisse einfach verstehen. Diese Seite bietet die kompaktesten Informationen zur Vorhersage von Polarlichtaktivitäten.

Der X-Ray Flux bewegt sich normalerweise im Bereich der Intensität „B“. Bei einer Sonneneruption steigt der Graph jedoch stark an. Bei besonders starken Eruptionen kann er bis zu „M“ oder „X“ auf der logarithmischen Skala ansteigen. Wenn du einen solchen Ausbruch bemerkst, besteht die Möglichkeit, dass Polarlichter zu sehen sind. In diesem Fall kannst du dich auf die anderen Faktoren konzentrieren, um eine genaue Vorhersage treffen zu können.

X-Ray Flux

Polarlicht vorhersagen: Sonnenflecken

Nachdem du eine Sonneneruption mit einem deutlichen Anstieg des X-Ray Flux bemerkt hast, musst du weitere Faktoren berücksichtigen, um eine Vorhersage für Polarlichter treffen zu können. Ein wichtiger Aspekt ist, ob der Teilchenausstoß die Erde tatsächlich erreichen wird. Da die Sonne eine Kugel ist und die Erde um sie herum dreht, kann es passieren, dass der Teilchenstrom einfach an uns vorbeizieht und somit keine Auswirkungen auf die Entstehung von Polarlichtern hat.

Hier helfen die Sonnenflecken. Die SOHO/SDO-Satelliten beobachten die Sonne. Sie befinden sich geostationär vor und hinter der Erde und betrachten daher die Sonne aus unserer Perspektive. Wenn du auf dem Satellitenbild erkennen kannst, dass eine Gruppe aus Sonnenflecken recht mittig auf der Sonnenscheibe zu sehen ist, dann kann der Sonnensturm die Erde treffen.

Polarlicht vorhersagen: LASCO-Satellitenfilm

Auch die beiden LASCO-Satelliten befinden sich in einer geostationären Position. Mit ihrer Hilfe lässt sich feststellen, ob der Sonnensturm die Erde erreichen könnte. Kurz nachdem du einen Anstieg im X-Ray Flux festgestellt hast, kannst du auf dem LASCO-Film sehen, ob der Auswurf symmetrisch aussieht oder z.B. nur in eine Richtung geht. 

Wenn der Sonnensturm in Richtung Erde unterwegs ist, sollte die Eruption aus unserer Perspektive symmetrisch wirken, um das Polarlicht vorhersagen zu können. Ist auf dem LASCO-Film hingegen zu erkennen, dass die Eruption nur in eine Himmelsrichtung geht, so wird der Sonnensturm die Erde wahrscheinlich verfehlen.

Sonnenwind-Vorhersage

Der Polarlicht-Forscher muss sich bei der Vorhersage auf die Daten der NASA verlassen. Diese betreibt mehrere Satelliten, um das Polarlicht vorherzusagen, da es nur ein visuelles Nebenprodukt eines Sonnensturms ist. Bei einem starken Sonnensturm kann die Kommunikation mit Satelliten gestört sein, wodurch eine Vorhersage des Sonnenwindes von besonderem Interesse ist. Die NASA berechnet aus allen Sonnenbeobachtungsdaten eine Sonnenwind-Vorhersage, die täglich aktualisiert wird.

Um die Vorhersage zu verstehen, kann man auf der Animation den gelben Punkt als Erde und die Teilchendichte im zeitlichen Verlauf erkennen. Wenn die Dichte hoch ist, kann man das Datum ablesen und den ungefähren Zeitraum bestimmen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Sonnenwind immer vorhanden ist und in mehreren Spiralarmen aus der Sonne austritt.

Wenn die Erde vom Sonnenwind getroffen wird, steigt die Wahrscheinlichkeit für Polarlicht im Hohen Norden. Trotzdem bleibt das Polarlicht ein schöner Nebeneffekt und die Vorhersage des Sonnenwindes hat auch andere praktische Anwendungen.

Sonnenwind

Polarlicht vorhersagen: Warten auf den Teilchenwind

Obwohl die NASA mehrere Satelliten betreibt, ist die Vorhersage des Sonnenwindes und von Sonneneruptionen äußerst schwierig. Die Sonne befindet sich in einer Entfernung von 150 Millionen Kilometern zur Erde und es existiert ein komplexes, interplanetares Magnetfeld, dem die geladenen Teilchen unterworfen sind. Auf dem Weg zur Erde kann also viel passieren, das wir einfach nicht messen können. Wenn du das Polarlicht beobachten möchtest, musst du geduldig sein und auf den Teilchenwind warten.

Partikeldichte DSCVOR-Satellit

Der Zusammenhang zwischen dem Sonnenwind und dem Polarlicht ist simpel: Die Teilchen des Sonnenwinds stoßen in der Erdatmosphäre auf Teilchen und regen diese zum Leuchten an. Je mehr Teilchen von der Sonne auf die Erde treffen, desto heller wird das Polarlicht. Die Dichte der Teilchen wird durch den DSCVOR-Satelliten gemessen. Solange der DSCVOR-Satellit keine hohe Teilchendichte anzeigt, ist ein intensives Polarlicht unwahrscheinlich. Eine hohe Teilchendichte wird farblich hervorgehoben.

Partikelgeschwindigkeit DSCVOR-Satellit

Die kinetische Energie der Teilchen des Sonnenwinds spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Polarlicht. Wenn die Teilchen schnell sind, haben sie eine höhere kinetische Energie, die bei Stößen mit den Teilchen in der Erdatmosphäre in Form von Quanten abgegeben wird. Je höher die kinetische Energie, desto mehr Teilchen können angeregt werden, was zu einer tieferen Eindringung des Sonnenwinds in die Atmosphäre und zu verschiedenen Farben führen kann. Die Geschwindigkeit der Teilchen wird ebenfalls farblich dargestellt, um ihre Bedeutung bei der Entstehung von Polarlicht zu verdeutlichen.

Bz-Wert DSCVOR-Satellit

Die beiden vorherigen Werte, Teilchendichte und Teilchengeschwindigkeit, sind nur ein Teil der Vorhersage. Der Bz-Wert des Erdmagnetfeldes ist ein weiterer wichtiger Faktor. Dieser gibt an, in welche Richtung das Magnetfeld der Erde zeigt. Wenn es in Richtung der Sonne zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit für Polarlicht gering. Wenn es jedoch in die entgegengesetzte Richtung zeigt, können die geladenen Teilchen des Sonnenwindes in das Erdmagnetfeld eindringen und das Polarlicht wird sichtbar. Der Bz-Wert wird ebenfalls farblich hervorgehoben, um auf einen möglichen Polarlicht-Alarm hinzuweisen.

DSCVOR-Satellit

Polarlicht vorhersagen: Magnetometer

Die letzte Instanz sind die Magnetometer. Diese bringe dir nur etwas, wenn du gerade keinen freien Blick auf den Nachthimmel hast und du auf eine Wolkenlücke wartest. Denn wenn du einen freien Blick auf den Himmel hast, dann kannst du das Polarlicht sehen. Die Magnetometer können kein Polarlicht vorhersagen, diese können nur die aktuelle Auswirkung des Sonnenwindes auf das Erdmagnetfeld messen. Dies korreliert mit der Intensität des Polarlichts. 

Wenn Strom fließt, dann erzeugt dieser ein Magnetfeld. Entsprechend erzeugt eine große Anzahl an geladenen Teilchen in der Erdatmosphäre, die sich mit hoher Geschwindigkeit bewegen, ein eigenes Magnetfeld. Dieses wirkt dem Magnetfeld der Erde entgegen. Das Erdmagnetfeld ist eigentlich konstant. Trifft nun eine große Menge geladener Teilchen auf das Magnetfeld, so ändert sich der Messwert der magnetischen Feldstärke an den Magnetometern in kurzer Zeit, es kommt zu starken Ausschlägen. Diese können auf dem Diagramm der Magnetometer eingesehen werden.

Auf dem Diagramm lässt sich zudem erkennen, wie weit nach Süden das Polarlicht beobachtet werden kann. Je weiter nach Süden sich dieses erstreckt, desto weiter im Süden befindliche Magnetometer werden beeinflusst. Du kannst damit Polarlicht vorhersagen und sogar die Ausdehnung feststellen! Die Magnetometer sind zur Beobachtung des Polarlichts das wichtigste Tool.

Magnetometer

Wetter und Polarlicht vorhersagen

Zur Vorhersage des Wetters empfiehlt sich der Einsatz der Landschaftsfotografie App VIEWFINDR. VIEWFINDR verfügt über eine von Meteorologen für Fotografen entwickelte Wettervorhersage, die in ganz Europa dein Wetter zum Fotografieren vorhersagen kann. Spezielle Parameter zur Vorhersage eines klaren Nachthimmels und von Wolken helfen dir dabei die Wolkenlücken zu finden. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit das Polarlicht zu beobachten hoch ist, können Wolken den freien Blick auf das Polarlicht stören. 


Bastian Werner

  • Fotograf seit 2009
  • Seit 2013 Fototrainer für fortgeschrittene Fotografen
  • Autor seit 2016
  • Prägte den Begriff und die Arbeitsweise der Wetterfotografie
  • Abschlussarbeit Deutscher Wetterdienst 2020

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