19.04.2018

Objektive – Fachbegriffe erläutert

Nicht nur in den Produktnamen der Objektive sind teils schwer zu identifizierende kryptische Angaben zu lesen, worauf ich bereits in dem Beitrag Kürzel und ihre Bedeutung eingegangen bin. Wer das überaus interessante Hobby Fotografie für sich entdeckt wird auch in den Produktbeschreibungen oder den Prospekten der Objektiv-Hersteller mit einer Menge Fachchinesisch konfrontiert.

Im folgenden möchte ich einige der Häufigsten davon ein wenig erläutern.

Achromat

Ein Objektiv, dessen Farblängstfehler (chromatische Aberration) für zwei Farben (meist Gelb und Violett) korrigiert ist. Die chromatischen Aberration macht sich in der Farbfotografie durch Farbsäume, bei Schwarzweiß durch allgemeine Unschärfe bemerkbar. Besonders hochwertige Objektive sind für drei Farben korrigiert (siehe Apochromat).

Apochromat (APO)

Leica APO-SUMMICRON-M 90mm 1:2 ASPH.
Leica APO-SUMMICRON-M 90mm 1:2 ASPH.

APO-Objektive weisen nur noch ein Minimum an Farbfehlern auf. Farbfehler entstehen durch den unterschiedlichen Brechungsindex der Gläser (je nach Wellenlänge des Lichtes). Die Farben eines Objektpunktes werden ohne APO oftmals in verschiedene Objektpunkte fokussiert. Dieser Fehler (der speziell bei Telebrennweiten häufig auftritt) wird bei APO-Objektiven fast vollständig behoben. Erreicht wird die Korrektur durch Spezialgläser mit sehr niedrigem Brechungsindex.

Asphärische Linsen (ASP)

Moderne Objektive besitzen meist mindestens eine asphärische Linse. Die asphärische Linse biete eine sehr hohe Abbildungsleistung und gestattet es gleichzeitig, das Objektiv möglichst kompakt zu halten. Ferner eliminieren asphärische Linsen Bildfehler, wie z.B. Koma und Reflexe, die besonders bei lichtstarken Objektiven vorkommen.
Auch Überstrahlungen (z.B. bei Nachtaufnahmen) werden unterdrückt, wodurch kleinere Bildteile schärfer dargestellt werden können. Bei modernen Zoom-Kompaktkameras werden auch verstärkt asphärische Linsen eingesetzt, damit Zoom-Objektive mit großem Brennweitenbereich nicht allzu groß werden und trotzdem fast die Qualität von Festbrennweiten erreichen.

Astigmatismus

Astigmatismus nennt man die unscharfe Abbildung der Punkte der Gegenstandsebene in der Bildebene, die dann als Striche oder Ovale erscheinen.
Durch kleine Blendenöffnungen kann der Astigmatismus verringert, jedoch nicht vollständig verhindert werden.

Bildfeldwölbung

Bei einer Bildfeldwölbung (oder Bildfeldkrümmung) werden die Punkte der Gegenstandsebene in der Filmebene zwar verzerrungsfrei, jedoch nicht an allen Stellen gleich scharf abgebildet. Durch die Bildfeldwölbung wird ein senkrecht zur optischen Achse stehendes Objekt, das in der Bildmitte scharf abgebildet wird, zu den Rändern hin immer unschärfer oder umgekehrt.
Auch werden gerade Linien bei einer Bildfeldwölbung nicht 100% exakt gerade abgebildet.
Wie der Astigmatismus kann auch die Bildfeldwölbung durch kleine Blendenöffnungen verringert, jedoch nicht vollständig verhindert werden.

Blende und Lichtstärke

Mathematisch entspricht der Blendenwert der Brennweite geteilt durch den Durchmesser der „wirksamen Öffnung“ (Blendenloch). Wird die Blende um einen Wert verändert, so verändert sich die Menge des durchgelassenen Lichtes um den Faktor 2. Es gelangt also doppelt oder halb so viel Licht auf den Film. Ein kleiner Blendenwert (z.B. 2,8) entspricht einer großen Öffnung (mehr Licht wird durchgelassen), ein großer Blendenwert (z.B. 16) entspricht einer kleinen Blendenöffnung (es gelangt weniger Licht durch das Blendenloch).
Die Lichtstärke gibt den kleinsten Blendenwert, also die größtmögliche Blendenöffnung, an, der an einem Objektiv eingestellt werden kann. Die Blende ist also komplett geöffnet. Da der Blendenwert immer in Abhängigkeit zur Brennweite angegeben wird, spricht man von einer „relativen Blende“. Ein Objektiv mit einer Lichtstärke von 3,5-5,6 und einer Brennweite von 28-105 hat demnach bei 28 mm eine maximale Blendenöffnung (Lichtstärke) von 3,5 und bei 105 mm „nur noch“ eine Lichtstärke von 5,6.

Bokeh

Das Wort kommt aus dem japanischen und bedeutet soviel wie Unschärfe oder Dunst. In der Fotografie ist damit eher die „Qualität der unscharfen Bereiche eine Fotos“ gemeint. Kling seltsam, ist auch so, steht aber auch so auf Wikipedia.
Es hängt allerdings tatsächlich vom Objektiv ab, wie genau der unscharfe Bereich bei einer Fotografie dargestellt wird. Sicher erinnern sich die älteren unter uns noch an die Lichtkringel im unscharfen Bereich bei Aufnahmen mit einem sogenannten Spiegelobjektiv. Bei heutigen Objektiven wird die Abbildung der hellen Kreise bzw. der Form, Farbe und des Kontrasts innerhalb der Unschärfe als Bokeh bezeichnet. Da das Bokeh ausgesprochen subjektiv und schlecht messbar ist kann in Foren und an Stammtischen herrlich kontrovers darüber diskutiert werden. Da heutzutage elektronisch per Bildbearbeitung der unscharfe Bereich eines Bildes mehr oder weniger angeglichen werden kann, hat das Bokeh seinen bisherigen Stellenwert etwas verloren.

Brennweite und Bildwinkel

Die Brennweite bestimmt, welcher Teil der Umgebung auf das Bild kommt. Der Bildwinkel gibt an, wie groß dieser Teil letztendlich ist. Die Brennweite wird in Millimeter und der Bildwinkel in Grad angegeben. Generell kann man sagen, dass bei länger werdenden Brennweite der Bildwinkel immer enger wird, d.h. ein Weitwinkelobjektiv hat (wie der Name schon vermuten lässt) einen großen und ein Teleobjektiv einen kleinen Bildwinkel. Der Bildwinkel ist abhängig von der Diagonale des Negatives oder des Dias und wird auf unserer Site immer für die Diagonale eines Kleinbildfilmes 24×36 angegeben.

Floating Elements (Floating System)

Durch den Einsatz von „Floating Elements“ wird das Scharfeinstellen optimiert. Es werden mehrere Linsenelemente im Objektiv gleichzeitig bewegt. Dadurch werden Abbildungsfehler, die durch die Scharfeinstellung entstehen, ausgeglichen und die Baulänge der Objektive verlängert sich nicht beim Fokussieren.

Innenfokussierung (IF)

Sigma 50-100mm 1:1,8 DC HSM für Nikon
Sigma 50-100mm 1:1,8 DC HSM für Nikon

Bei einem „normalen“ Objektiv verändert sich die Länge, wenn man die Schärfe einstellt, da die Scharfeinstellung (meist) durch ein Verschieben der ersten Linsengruppe erfolgt. Je geringer die Einstellentfernung ist, um so länger wird solch ein Objektiv. Heutzutage gibt es einen großen Bedarf an Objektiven, deren Baulänge sich beim Scharfeinstellen nicht ändert und die durch das Fokussieren entstehenden Abbildungsfehler reduzieren. Objektive mit Innenfokussierung verschieben (meist) die hintere Linsengruppe. Dies führt zu einer besseren Abbildungsleistung des Objektives, zu einer konstanten Länge auch bei Nahaufnahmen und dazu, dass sich die Frontlinse beim Scharfeinstellen nicht mehr dreht und damit die Handhabung von diversen Filtern (Pol- und Trickfilter) vereinfacht wird. Ein Nebeneffekt bei Objektiven mit Autofokus: Einen Scharfeinstellung mittels der hinteren Linsen beschleunigt den Fokussiervorgang, d.h. die Kamera stellt schneller scharf.

Nahvorsatzlinsen

Moderne Zoom-Objektive besitzen meist eine Naheinstellgrenze, die bei über 50 Zentimeter liegt. Nahaufnahmen von Blüten und Insekten sind damit kaum möglich. Für diese Objektive gibt es spezielle Nahvorsatzlinsen, die in das Filtergewinde der Objektive eingeschraubt werden.

Perspektive

Je nach verwendeter Brennweite scheint der Hintergrund in einem Bild manchmal sehr weit entfernt, ein anderes Mal sieht es so aus, als ob der Hintergrund direkt hinter dem Motiv liegt. Dies wird als Perspektive bezeichnet. Bei einer Aufnahme mit kurzer Brennweite (Weitwinkel) scheint der Hintergrund in weiter Ferne zu liegen, das Bild hat also eine große Tiefe, der Abstand zwischen Objekt (im Vordergrund) und Hintergrund wird betont. Wird die Aufnahme dagegen mit einer langen Brennweite (Tele) gemacht, dann sieht es so aus, als sei der Hintergrund wesentlich näher am Objekt. Ferner kommt bei einer Weitwinkelaufnahme wesentlich mehr Hintergrund mit auf das Bild als bei einer Aufnahme mit einem Teleobjektiv.

Retrofokusobjektiv

Bei Retrofokusobjektiven liegt der Hauptpunkt hinter dem Linsenkörper. Diese Konstruktion entspricht der Umkehrung eines Teleobjektivs (daher die Bezeichnung »Retro«).
Da die Distanz vom Scheitelpunkt des hintersten Linsenelements (Punkt, an dem die optische Achse die rückseitige Linsenoberfläche durchschneidet) bis zur Filmebene bei diesem Objektivtyp größer ist als die Brennweite, werden Retrofokusobjektive gern für Weitwinkelobjektive bei Kleinbildkameras verwendet.
Retrofokusobjektive besitzen verglichen mit symmetrischen Weitwinkelobjektiven einen geringeren Helligkeitsabfall zu den Bildecken, haben aber dafür eine stärkere Verzeichnung.
Man erkennt Retrofokusobjektive daran, das die hinter der Linse befindlichen Blendenlamellen vergrößert erscheinen und zwar umso mehr je schräger das Objektiv gehalten wird. Das ist der Grund für den geringen Lichtabfall zu den Bildrändern bei diesem Objektivtyp.

Schärfentiefe

Vor und hinter dem Motiv, auf das Sie oder die Kamera scharf gestellt haben, liegt noch ein Bereich, der auch scharf abgebildet wird. Die Schärfentiefe gibt an, wie groß dieser Bereich ist. Wenn Sie Ihr Objektiv abblenden, d.h. die Blende schließen oder den Blendenwert erhöhen, dann wird die Schärfentiefe größer. Wird dagegen die Blende geöffnet (das Blendenloch wird größer und der Blendenwert kleiner) dann verringert sich die Schärfentiefe. Außerdem ist die Schärfentiefe abhängig von der Aufnahmeentfernung und der verwendeten Brennweite.

Bei geringer Aufnahmeentfernung ist auch die Schärfentiefe gering, während bei einer großen Aufnahmeentfernung (bei gleicher Blende) die Schärfentiefe größer wird. Objektive mit geringer Brennweite (Weitwinkelobjektive) haben eine größere Schärfentiefe als solche mit großer Brennweite (Teleobjektive), vorausgesetzt, die Blende und der Aufnahmeabstand sind gleich. Mit dem Schärfentiefensimulator kannst Du die Auswirkungen der Blende auf die Schärfentiefe und des Bildwinkel auf die Perspektive jeweils abhängig vom Motivabstand wunderbar erkennen und nachstellen.

Strahlenweg

Für die Qualität der Objektive ist es wichtig, dass die Lichtstrahlen nach ihrem Weg durch das Linsensystem wieder in einem Punkt auf der Filmebene zusammentreffen. Dazu muß die Größe, die Forum und die Anordnung der einzelnen Linsen durch Berechnungen, die heutzutage von Computern durchgeführt werden, ermittelt werden. Ein wichtiger Faktor bei den Berechnungen stellt der Brechungsindex der Linsensysteme dar.
Die einzelnen Faktoren wie Größe der Blendenöffnung, Lichteinfallswinkel, Wellenlänge des Lichtes, Entfernung von der Filmebene bis zum Motiv usw. müssen bei den komplexen Berechnungen berücksichtigt werden um eine optimale Kombination der unterschiedlichen Brechungsindizes der einzelnen Linsen zu finden.

Vergütung

Pentax Objektive SMC-Vergütung
Pentax Objektive mit SMC-Vergütung

Normale optische Linsen haben die Eigenschaft, einen Teil des einfallenden Lichtes zu reflektieren. Es entsteht ein Lichtverlust von bis zu 50% und eine Verminderung des Kontrastes durch Streulicht. Durch Vergütung der Linsen (Aufdampfen einer reflexmindernden Mineralschicht, Metalloxyden und/oder -fluoriden) wird die Reflexion erheblich gemindert und die Lichttransmission (Durchlässigkeit) gesteigert. Die Qualität der Vergütung ist auch abhängig von der Anzahl der vergüteten Linsen, der angewandten Vergütungstechnologie und der Qualität der Vergütungsschichten.
Ein vollvergütetes Objektiv lässt im Vergleich zu einem unvergüteten Glas ca. 60% mehr Licht in den Strahlengang ein. Durch Verwendung spezieller Vergütungen (UV-Vergütung, Mehrschichtvergütung) wird die Lichtstärke weiter gesteigert.

Verzeichnung

Bei einer Verzeichnung besteht der Abbildungsfehler in der Verformung des Bildfeldes. Im Allgemeinen wird zwischen drei Verzeichnungsformen unterschieden:
Kissenförmige Verzeichnung:
Die Bildmitte wird gegenüber den Bildecken verkleinert abgebildet, d.h. die Bildränder wölben sich nach innen und die Winkel der Bildecken sind kleiner als 90°.
Tonnenförmige Verzeichnung:
Hier wird die Bildmitte gegenüber den Bereichen in den Bildecken vergrößert abgebildet, d.h. die Bildränder wölben sich nach außen hin, wodurch die Winkel der Bildecken größer als 90° sind.
Mischformen:
Kissen- und Tonnenverzeichnung können auch gleichzeitig als Mischform auftreten.
Eine Verzeichnung des Bildfeldes lässt sich nicht durch Abblenden korrigieren, da sie auch eine schlechte Berechnung des Strahlenwegs zurückzuführen sind. Je besser ein Objektiv berechnet wird um so geringer ist die Verzeichnung.

Vignettierung

Bedingt durch die Konstruktion eines Objektivs in einem zylindrischen Gehäuse werden schräg einfallende Lichtstrahlen von der Objektivfassung beschnitten, wodurch die Bildränder weniger Licht erhalten als die Bildmitte. Dies wird Vignettierung genannt.
Schaut man von vorn durch das Objektiv und hält es dabei leicht schräg, kann man den Grund für die Vignettierung sehen: die Lichtdurchgangsöffnung reduziert sich auf eine Mandelform (die Form entspricht der geometrischen Schnittmenge aus der vorderen und der hinteren Objektivöffnung).
Die Vignettierung lässt sich durch Abblenden abschwächen oder gar ganz aufheben, da hierbei die Lichtdurchgangsöffnung wieder zu einem Kreis verkleinert wird.
Bei normalen Objektiven ist die Blende als Polygonform zu erkennen; bei konkaven Linsen, Zoomobjektiven und bei Retrofokusobjektiven ist sie dagegen nicht zu sehen.
Die Vignettierung ist nicht nur für den Lichtabfall zu den Bildrändern, sondern auch für die verstärkte Unschärfe zum Rand hin verantwortlich.

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