14.08.2018

Makrofotografie – Winzige Wunderwelten

„Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre.“
Robert Bresson, franz. Regisseur

Warum Makro?

Makrofotografie ist die Kunst, kleinste Dinge groß abzubilden und den Blick des Betrachters auf Details zu lenken. Schön gestaltete Makrofotos sind deshalb auch echte Hingucker, denn sie offenbaren uns oftmals Dinge, die uns aus unserer normalen Sicht verborgen geblieben wären.
Fotos mit großer Liebe zum Detail sind jedoch nicht einfach umzusetzen. Neben dem Motiv muss auch die Technik stimmen, damit der Fotograf mit wirklich schönen Bildern belohnt wird.
Doch Makrofotografie beschränkt sich längst nicht nur auf künstlerischen Anspruch. Makrofotos können auch einen ganz praktischen Nutzen verfolgen und dokumentarischen Charakter haben. In z.B. der Produkt- und Dentalfotografie sind Makrofotos unumgänglich. In diesen speziellen Fällen geht es zwar selten um künstlerisch wertvolle Aufnahmen, die Umsetzung erfordert aber nichtsdestotrotz technische Finesse.

Aus welchem Grund Du also Makrofotos anfertigen möchtest: Beherrschen solltest Du Deine Ausrüstung in jedem Fall.

Das Equipment

Das Objektiv

Um Makrofotos zu gestalten, bedarf es zunächst entsprechender Ausrüstung. Neben der Kamera muss die Optik in der Lage sein, einen entsprechend großen Abbildungsmaßstab zu ermöglichen. Bereits ab einem Maßstab von 1:4 (das Motiv ist in natura viermal so groß wie die Abbildung) werden Objektive mit dem Zusatz „Makro“ versehen. Neben einem echten Makro-Objektiv gibt es durchaus Möglichkeiten, den Abbildungsmaßstab normaler Objektive zu vergrößern. Beliebte Aufnahmehelfer sind Balgengeräte, Zwischenringe, Retroadapter und Nahlinsen. Bevorzugt setzen Fotografen zumeist Makro-Objektive mit einem Abbildungsmaßstab von 1:2 oder gar 1:1 ein. Diese Objektive weisen in den meisten Fällen eine für Makrofotos optimierte Abbildungsleistung mit geringerer Verzeichnung und gleichmäßiger Schärfe auf.

Stabiler Aufbau

Makrofotografie mit Stativ, Einstellschlitten und Makroobjektiv

Der für Makrofotos geringe Aufnahmeabstand – oftmals in Kombination mit relativ großen Brennweiten – resultiert in einem sehr engen Bildausschnitt, den es ruhig zu halten gilt. Die häufigste Ursache für misslungene Makrofotos ist die Unschärfe durch Verwackeln.
Ein stabiles Stativ ist für den Makrofotografen deshalb unverzichtbar. Sehr günstige Stative sind meist unbrauchbar, weil sie weder präzise zu befestigen noch den erforderlichen, ruhigen Stand ermöglichen. Zusätzlich ist ein ebenfalls stabiler Stativkopf notwendig, der die Kamera in jedem Aufnahmewinkel trägt und fixiert. Zusätzlich muss der Kopf in der Lage sein, den Fotografen die Position der Kamera sehr präzise verändern zu lassen.
Hier empfehlen sich Stativköpfe mit justierbarer Friktion. Mit solchen Köpfen lässt sich meist auf den Millimeter genau arbeiten. Wenig geeignet sind auf Kugeln gelagerte Stativköpfe, da sie sich beim Lösen in jede beliebige Richtung verschieben lassen.
Um den Abstand zum Motiv so exakt wie möglich einzustellen, sollte ein Einstellschlitten ins Auge gefasst werden.

Licht

Das Wichtigste für ein Foto ist natürlich Licht. In der Makrofotografie lassen sich mitunter sehr unterschiedliche Lichtquellen nutzen, um das Motiv auszuleuchten.

Sonnenlicht

Der ständige Begleiter des Makrofotografen in der Natur ist natürlich die Sonne. Die entsprechende Tageszeit vorausgesetzt wird hier selten jemand über Unterbelichtungen klagen. Es ist allerdings ratsam, stets einen kleinen Reflektor dabei zu haben, um das Sonnenlicht auf das Motiv zu lenken. Andernfalls kann das eigentliche Motiv schnell zu dunkel werden, denn wo Licht fällt, fallen bekanntermaßen auch Schatten.

Blitz

Die meisten Fotografen verfügen in jeder Motivsituation über einen Blitz, werden doch in vielen Kameras von vornherein Blitzgeräte integriert. Für Makrofotos sind diese internen Blitze durchaus geeignet, denn oftmals werden Farben und Kontraste intensiviert. Es muss allerdings mit harten Schlagschatten gerechnet werden, die man aber über eine reduzierte Blitzleistungabschwächen kann. Vorsicht ist bei Makro-Objektiven mit geringen Brennweiten (z.B. 40 mm) geboten. Der Aufnahmeabstand ist bei solchen Objektiven so gering, dass man einen Schattenwurf des Objektivs riskiert.

Ideal geeignet für die dokumentarische Makrofotografie ist ein Ringblitz. Dieser Blitz liegt um der vorderen Objektiv-Öffnung. Die Ausleuchtung ist entsprechend direkt und gleichmäßig, aber auch recht hart.

Systemblitze sind durchaus auch Makro-tauglich, allerdings muss bei der Verwendung auf der Kamera indirekt geblitzt werden. Eine entsprechende Reflexionsfläche ist somit Pflicht. Im entfesselten Einsatz darf das Blitzlicht auch direktauf das Motiv gesetzt werden, allerdings ist diese Methode für Makroaufnahmen von Motiven mit Fluchtverhalten (Tiere) wenig ratsam, denn oftmals bedarf es mehrerer Aufnahmen, bevor die Leistung der Lichtsetzung passt. Das Motiv könnte dann schon geflohen sein.

Dauerlicht

Sehr flexibel in der Ausleuchtung sind LED-Dauerlicht-Lösungen. Die kleinen (oder auch größeren) LED-Panels sind grundsätzlich Stativ-tauglich und in den meisten Fällen mit einem Dimmer versehen. Manche modernen LED-Dauerlichter verfügen darüber hinaus auch über eine Blitz-Funktion. So lassen sich auch unruhigere Motive einfrieren. Sehr hochwertige Geräte ermöglichen sogar die Steuerung der Farbtemperatur. Da diese Aufnahmehelfer meistens sehr kompakt sind, sind sie besonders für die Makrofotografie interessant. So lässt sich schnell das gewünschte Licht für die jeweilige Aufnahme erzeugen. Eine professionelle Lösung – besonders für die Produktfotografie – sind Tageslicht-Dauerleuchten. Diese recht großen Lampen ermöglichen eine gleichmäßige, großflächige Ausleuchtung mit geringem Schattenwurf. Es empfiehlt sich jedoch zusätzlich die Verwendung eines Lichtzeltes, damit das Licht noch weicher auf das Motiv fällt.

Exkurs: Abbildungsmaßstäbe und Sensorgrößen

Unterschiedliche Sensoren im Vergleich.

In der digitalen Fotografie spielt der Sensor eine große Rolle für den Bildausschnitt und die -Qualität. Kompaktkameras werden nicht zuletzt aus Kostengründen mit sehr kleinen Sensoren versehen. Diese Sensoren neigen schon bei leichter Erhöhung der Empfindlichkeit (ISO) zu Bildrauschen. Für die Makrofotografie bieten sie allerdings einen Vorteil:
Der kleine Sensor liefert von vornherein Bilder mit einer erhöhten Schärfentiefe. Leichte Fehlfokussierungen sind somit nicht ganz so tragisch wie bei Kameras mit größeren Sensoren.

Der Abbildungsmaßstab bleibt identisch, nur der Ausschnitt verändert sich.

Der Abbildungsmaßstab ist jedoch völlig unabhängig von der Größe des Sensors. Ein Objektiv mit einem Abbildungsmaßstab von 1:1 bildet das Motiv exakt so groß wie in Natura auf dem Sensor ab. Es ist also egal, ob Du z.B. mit einer Fourthirds-, APS-C- oder gar Vollformatkamera arbeitest.

Davon unabhängig muss bei Sensoren, die kleiner als das klassische Kleinbild-Negativ (oder Farbdia-Positiv) sind – also kleiner als die heutigen sog. Vollformat-Sensoren – die echte Brennweite mit einem Multiplikator (dem Cropfaktor) ermittelt werden. Ein Fourthirds-Sensor ist z.B. halb so groß wie der digitale Vollformat-Sensor, der Cropfaktor beträgt entsprechend 2. Ein 60 mm Makro-Objektiv ist somit ein echtes 120 mm Objektiv.
Da der Abbildungsmaßstab identisch bleibt, verengt sich lediglich der Bildausschnitt. Die Abbildung wirkt entsprechend größer.

Das Fotografieren

Jedes Motiv – auch jedes Makromotiv – ist natürlich anders. Einen Leitfaden, wie genau jedes Makrofoto entsteht, können wir leider deshalb nicht an die Hand geben. Dennoch gibt es einige Richtlinien, an die man sich halten muss, damit die Aufnahme gelingt. Zusätzlich bieten moderne Kameras so manchen technischen Kniff, um die Aufnahme noch zu verbessern oder zumindest den Aufnahmeprozess zu erleichtern.

Der Fokus

Das wohl wichtigste gestalterische Element in der Fotografie ist (neben dem Licht natürlich) die Schärfe, denn sie lenkt den Blick des Betrachters auf das Wesentliche. In der Makrofotografie ist der Fokus auch gleichzeitig die größte Herausforderung, denn eine Fehlfokussierung im Nahbereich bedeutet sofort das Aus für eine gelungene Aufnahme.

In der digitalen Fotografie gibt es zwei Methoden, die Schärfe zu bestimmen: Den Autofokus und den manuellen Fokus. Verfügt Deine Kamera über sehr präzise Autofokus-Messfelder, darfst Du Dich auch bei Makrofotos auf den Autofokus verlassen. Oftmals sind die Messfelder jedoch zu groß, um genau das Detail scharf zu stellen, das Dir am Wichtigsten ist. In diesem Fall darfst Du gern mal auf den Autofokus verzichten.

Der manuelle Fokus ist in der digitalen Fotografie leider nicht ganz so einfach zu setzen. Analoge Spiegelreflexkameras ohne Autofokus-Funktion warteten mit einer Mattscheibe auf, die auf das manuelle Scharfstellen ausgelegt waren (oftmals konnte mithilfe sog. Schnittbildindikatoren gearbeitet werden). Auf diese Helferlein muss – zumindest bei unmodifizierten Kameras – heutzutage verzichtet werden.

Grundvoraussetzung für eine manuelle Fokussierung über den Sucher ist deshalb ein korrekt justierter Sucher. Die meisten Kameras lassen eine Dioptrien-Korrektur am Sucher zu. Wer diese Korrektur versehentlich verstellt hat und nicht wirklich knackscharf sehen kann, wird immer am Motiv vorbei fokussieren. Teste also erstmal mit aktiviertem Autofokus, ob Du sowohl im Nahbereich als auch auf Distanz stets ein scharfes Bild durch den Sucher sehen kannst und passe ggf. die Dioptrien-Korrektur an. Das Objektiv sollte keinen schwammigen Ring zur Fokussierung bereitstellen, sondern ein sehr genaues, manuelles Scharfstellen ermöglichen. Besonders günstige Objektive werden oft mit Fokus-Ringen ausgestattet, die einfach zu viel Spiel haben und sich deshalb für eine manuelle Fokussierung durch den Sucher wenig bis gar nicht eignen. Hier wird das Scharfstellen zum Glücksspiel.

Kameras, die das Fotografieren über das Display ermöglichen, bieten dem Fotografen besonders für Makro-Aufnahmen einen riesigen Vorteil: Das Vorschaubild lässt sich extrem vergrößern, so dass der Fokus sehr präzise manuell gesteuert werden kann. Grundvoraussetzungen für diese Methode sind allerdings ein stilles Motiv und eine stille Kamera. Schon die kleinste Bewegung reicht aus, um den Blick auf das Motiv zu verlieren.

Die Blende

Aufnahmen im extremen Nahbereich weisen grundsätzlich eine sehr geringe Schärfentiefe auf. Es wird Dir nicht gelingen mit reinem Abblenden auf sehr große Blendenzahlen ein von vorn bis hinten scharfes Bild zu fotografieren. Für solche Fotos ist das sog. Focus-Stacking erforderlich, das allerdings den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Wir müssen damit leben, nur eine begrenzte Schärfentiefe erzeugen zu können.

Damit die Schärfentiefe nicht so gering ist, dass wir im schlimmsten Fall gar keine Schärfe im Bild wahrnehmen, müssen wir dennoch mit kleinen Blendenöffnungen (also großen Blendenzahlen) fotografieren. Bei einem rein statischen Motivaufbau ist Blende f16 ideal. Noch kleinere Öffnungen – also f18 aufwärts – erzeugen Beugungsunschärfen und lassen das gesamte Motiv flau und unscharf wirken.

Bei Freihand-Aufnahmen ist eine Blendenöffnung von f16 eher unvorteilhaft, da bei einer geringen ISO lange Verschlusszeiten entstehen. Hier muss die Blende deutlich weiter geöffnet werden. Wenn möglich, versuche bitte dennoch keine größeren Öffnungen als Blende f8 zuzulassen.

Die Verschlusszeit

Der beste Aufnahmehelfer für Makrofotos ist ein Stativ. Im extremen Nahbereich ist das Verwackeln neben einem falsch gesetzten Fokus der häufigste Grund für misslungene Aufnahmen. Wenn Du Dich mutig an das Anfertigen von Makrofotos aus der Hand wagst, musst Du die Verschlusszeit stets unter Kontrolle behalten. Um die längste mögliche Verschlusszeit für Makroaufnahmen aus der Hand zu erörtern, solltest Du Deine Kamera – besser: die Sensorgröße der Kamera – kennen und ein wenig multiplizieren können.


Zunächst solltest Du die tatsächliche Brennweite des Objektives herausfinden. Wer mit einer Vollformat-Kamera arbeitet, hat hier leichtes Spiel: Die angegebene Brennweite auf dem Objektiv entspricht immer der tatsächlichen Brennweite. Bei Kameras mit kleineren Sensoren muss die Objektivbrennweite mit dem passenden Cropfaktor multipliziert werden.

Gängige Crop-Faktoren sind:
Nikon, Pentax und Sony (APS-C) 1,5
Canon (APS-C) 1,6
Olympus und Panasonic (Four Thirds) 2,0

Ein 100 mm Makro-Objektiv wird somit an einer Canon APS-C-Kamera zu einem echten 160 mm Objektiv. Diese tatsächliche Brennweite entspricht der Schmerzgrenze für scharfe Fotos aus der Hand (in diesem Beispiel 1/160 s). Da im Nahbereich aber viel leichter verwackelt werden kann, als auf größere Distanz, solltest Du die tatsächliche Brennweite verdoppeln, um die längst mögliche Verschlusszeit für Makrofotos zu ermitteln.Mit einem 60 mm Makro-Objektiv an einer Olympus OM-D sollte man deshalb mindestens eine 1/250 s als Verschlusszeit vorwählen.

60 mm Brennweite x 2 (Cropfaktor) x 2 (Aufnahmeabstand) = 240

Da eine 1/240 Sekunde nicht vorgewählt werden kann, wird der nächst höhere Wert eingestellt, also eine 1/250 Sekunde. Kürzere Zeiten sind natürlich besser, um Unschärfe durch Verwackeln gänzlich auszuschließen.

Die Empfindlichkeit

Im Hinblick auf die Bildqualität ist eine geringe ISO-Einstellung stets wünschenswert. Wer genügend Licht genießt oder ein stilles Motiv mit Hilfe eines Stativs einfängt, darf gerne im unteren ISO-Bereich (100 bis 200) bleiben und sich über Bilder frei von jeglichem Bildrauschen freuen. Werden jedoch die Verschlusszeiten zu lang oder die Aufnahmen insgesamt zu dunkel, muss die ISO erhöht werden. Aber Vorsicht: Gelungene Makrofotos leben von ihrem Detailreichtum. Fotos, die mit zu hoher ISO geschossen werden, lassen eben jene Details vermissen. Du solltest deshalb das Rauschverhalten Deiner Kamera sehr gut kennen und wissen, bis zu welcher ISO die Bildqualität für Dich ausreicht. Die Einstellung ISO-Automatik verbietet sich besonders für Makro-Aufnahmen von vornherein

Na dann: Leg los

Wir hoffen, dass dieser Beitrag Dir die ersten Schritte zu gelungenen Makrofotos erleichtert. Du hast Dir nun alle wichtigen Grundregeln angeeignet, um gezielt schöne Makro-Aufnahmen zu gestalten.

Jetzt heißt es aber erstmal: Kamera zur Hand nehmen und loslegen. Mit zunehmender Erfahrung und Routine wächst auch Dein Anspruch an die eigenen Bilder und gleichzeitig Dein Wissensdurst.

Wer auf der Suche nach einem passenden Objektiv für das Hobby Makrofotografie ist, der wird sicher in dem Beitrag über Makroobjektive fündig.

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