02.12.2020

Kunstvolles Schwarzweiß

Egal, ob man in die Portfolios von Architektur-, Porträt- oder Landschaftsfotografen blickt: Schwarzweißbilder erfreuen sich enorm großer Beliebtheit und begegnen uns in Hülle und Fülle. Zu Recht – so können Fotos in Schwarzweiß einen unvergleichbar zeitlosen und kunstvollen Charakter versprühen und den Betrachter durch die Reduktion in Graustufen aus der farbenfrohen Realität entführen. Dank der digitalen Bildbearbeitung ist es heute relativ einfach, ausdrucksstarke Schwarzweißfotos zu erzeugen – eigentlich! Denn obwohl man in digitalen Zeiten nicht mehr dazu gezwungen ist, in abgedunkelten Badezimmern mit beißenden Chemikalien zu experimentieren – statt dessen heißt es: PC an und Software auf – stolpert man immer wieder über Schwarzweißfotos, die flach und langweilig wirken.

Doch woran liegt das? Viele scheinen zu vergessen, dass es beim Erstellen von starken Schwarzweißfotos keinesfalls nur um die Reduktion der Farben im Bild geht. Sobald man einem Foto die Farbe entzieht, wird es auf eine abstrakte Ebene katapultiert: Das Abgebildete wirkt plötzlich nicht mehr so „realistisch“ und der Fokus wird auf Linien, Formen, Strukturen sowie den Kontrast zwischen Hell und Dunkel gelegt. Erfahre hier, wie du das kreative und künstlerische Potenzial von Schwarzweiß voll ausschöpfst, um triste Schwarzweißfotos der Vergangenheit angehören zu lassen – und lerne, welche Rolle die Motivwahl, das Licht, die Aufnahmetechnik und die Bearbeitung dabei spielen.

Bilder mit Gefühl

Es ist schwierig zu definieren, was genau ein Bild aus der Masse herausstechen und zu Kunst werden lässt. Gefühl und Emotion haben jedoch in jedem Fall sehr viel damit zu tun. Schafft es dein Bild also, etwas beim Betrachter auszulösen – egal, ob positiver oder negativer Natur – bist du bereits auf einem guten Weg. Da wir uns mit Hilfe der Schwarzweiß-Fotografie im Bild einen Schritt von der Realität entfernen und somit die Fesseln der Vertrautheit abstreifen können, bietet sie die perfekte Basis, um Bilder zu gestalten, die durch Gefühl und einen kunstvollen Charakter überzeugen.

Mit der bloßen Konvertierung deiner Aufnahmen in Schwarzweiß ist es jedoch nicht getan: So entscheidet beispielsweise die Qualität des Lichts in deinem Bild darüber, ob und was der Betrachter empfinden könnte. Denke darüber nach, wie Licht und Wetter deine Stimmung beeinflussen. Scheint zum Beispiel die Sonne, wirkt die Welt warm und einladend und wir fühlen uns gut. Das Gegenteil hingegen ist oft an stürmischen Tagen der Fall, wenn der Himmel düster ist und Sonnenstrahlen durch dunkle Wolken brechen. Unter solchen Bedingungen ist die Stimmung eher melancholisch, bedrohlich und unruhig. „Schlechtwetter-Aufnahmen“ eignen sich deshalb perfekt für Schwarzweißbilder mit besonders dramatischer Wirkung. Apropos: Auch Dunst und Nebel funktionieren gut in schwarzweiß. Nebel schenkt Bildern eine spannungsvolle und geheimnisvolle Wirkung, Dunst hingegen wirkt etwas verträumter und atmosphärisch, sodass dem Betrachter eine leichtere und positive Stimmung vermittelt wird.

Bildbearbeitung

Ebenso hat die Bildbearbeitung einen starken Einfluss darauf, wie der Betrachter auf dein Bild reagiert. Empfehlenswert ist hier die Bildbearbeitungssoftware Capture One Pro. Hast du bei schlechtem Wetter fotografiert, ist es zum Beispiel recht einfach, eine bedrohliche Stimmung zu erzeugen, indem du die Farbtöne verdunkelst und den Kontrast verstärkst. Zudem hilft eine dunkle Vignette dabei, die Dramatik im Bild zu unterstreichen und den Fokus auf das Hauptmotiv zu lenken.

Auch das Hinzufügen von Rauschen kann deiner Schwarzweiß-Aufnahme mehr Gefühl verleihen. Mach dir hierbei keine Sorgen darüber, wenn einige der Lichter ausbrennen oder Schatten zu dunkel erscheinen. Ziel ist es, ein Gefühl zu erzeugen – und nicht technische Perfektion. Möchtest du ein helles, zartes Bild gestalten, kann der High-Key-Effekt wirkungsvoll sein. Dieser funktioniert besonders gut bei Aufnahmen, die an nebligen oder bewölkten Tagen aufgenommen wurden und bei denen der Tonwertumfang eingeschränkt ist. Grundsätzlich gilt: Experimentieren ist der Schlüssel! Gehe kreative Risiken ein und benutze dich selbst als „emotionales Versuchskaninchen“. Frage dich, was dein Bild bei dir selbst auslöst.

Die Aufnahmetechnik

Denke schon während des Fotografierens darüber nach, wie du deine Aufnahme noch kunstvoller wirken lassen kannst. Standort und Licht sind ohne Zweifel entscheidend, wenn es darum geht, künstlerische Schwarzweißbilder zu erschaffen. Jedoch spielt auch die Aufnahmetechnik eine wichtige Rolle. So trägt sie maßgeblich dazu bei, wie dein Motiv im Foto abgebildet wird und welche Stimmung das finale Bild letztlich ausstrahlt. Das Spiel mit der Belichtungszeit zum Beispiel kann die Wirkung und den Reiz deines Fotos erheblich steigern, da es ihm eine zusätzliche Dimension verleihen und somit von einem Schnappschuss distanzieren kann. Denn anstatt nur einen kurzen Moment einzufrieren, macht es die Fotografie auch möglich „den Lauf der Zeit“ einzufangen – egal, ob es sich hierbei um Sekunden oder mehrere Minuten handelt.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Bewegungen im Bild einzufangen. Ob man es nun liebt oder hasst: Es ist nicht zu leugnen, dass sich mit einem Grau- oder Neutraldichtefilter (ND) ziemlich beeindruckende Bilder erzeugen lassen. Dieser ermöglicht es, auch bei Tageslicht Belichtungen von mehreren Minuten zu erhalten. Während statische Elemente hierbei scharf und kontrastreich bleiben, lässt sich sprudelndes Wasser in fließende Seide verwandeln und vorbeiziehende Wolken erscheinen als sanfte Streifen. So erhält dein Bild ohne Zweifel eine künstlerische Note, die durch das Umwandeln in Schwarzweiß nochmals verstärkt wird. Verwende einen starken ND-Filter mit einer Dichte von 10 Blendenstufen, um die Belichtungszeit für dein Bild auf bis zu mehrere Minuten zu erhöhen. Etwa den B+W 810 ND1000 3.0 MRC nano XS PRO Digital.

Kameraschwenk

Eine weitere Möglichkeit ist das Schwenken der Kamera während der Belichtung. Wenn alles in deiner Szene statisch ist, erzeugst du damit abstrakte und malerische Streifen. Während bei Strand- und Landschaftsmotiven horizontale Schwenke empfehlenswert sind, führen bei Waldszenen vertikale Schwenke zu schöneren Ergebnissen. Bewegt sich dein Hauptmotiv jedoch, kannst du es durch das Schwenken beziehungsweise Mitziehen im gleichen Tempo relativ scharf halten, während der Hintergrund streifig und verschwommen erscheint.

Diese Technik funktioniert bei den meisten bewegten Motiven. Experimentiere mit verschiedenen Verschlusszeiten: von 1/15 Sekunde – wenn das Motiv relativ langsam ist – bis hin zu 1/250 Sekunde bei schnellen Bewegungen. Die dritte Möglichkeit besteht darin, deine Kamera still zu halten und lange zu belichten, während sich dein Motiv vor der Kamera bewegt. Motive für diese Technik findest du überall: Spiele mit Verschlusszeiten von 1/125 Sekunde bis hin zu 1/2 Sekunde, um beispielsweise Menschenmassen, die sich auf einem Markt drängeln, in sanfter Unschärfe im Bild einzufangen.

Top-Tipps

Mit diesen 10 Tipps gelingen dir Schwarzweißbilder mit künstlerischer Note.

1. Regeln brechen
Die Welt ist nicht Schwarzweiß – deshalb müssen deine Bilder auch nicht „realistisch“ wirken. Setze deiner Kreativität keine Grenzen!

2. Mutig sein
Es gibt nichts Langweiligeres als flache und stumpfe Schwarzweiß-Bilder. Hab keine Angst vor starken Kontrasten mit ausgebrannten Lichtern, schwarzen Schatten und Rauschen.

3. Nutze deine Vorstellungskraft
Lass deiner Fantasie freien Lauf. Es spielt keine Rolle, woher du deine Inspiration schöpfst – Hauptsache sie führt zu großartigen Bildern.

4. Freude am Experimentieren
Manchmal resultieren die besten Bilder aus „glücklichen Un- und Zufällen“. Experimentiere sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Bearbeitung.

5. Die Magie der Unvollkommenheit
Bilder müssen nicht immer gestochen scharf und technisch perfekt sein. Verinnerliche dies und lass deine Schwarzweiß-Bilder durch Gefühl und Charakter glänzen.

6. Bilder im Quadrat
Setze deine Motive ins Quadrat. Dies kann ihnen Ausgewogenheit, Ruhe und eine künstlerische Note schenken.

7. Farbeffekte hinzufügen
Verleihe deinen Schwarzweiß-Fotos einen Farbeffekt wie zum Beispiel Sepia. Photoshop und Capture One Pro bieten unzählige Voreinstellungen.

8. In der Ruhe liegt die Kraft
Einfache Kompositionen wirken oft kunstvoller als überladene. Scheue dich also nicht vor Weißraum im Bild – dieser gibt dem Auge und der Fantasie des Betrachters Raum zum Atmen.

9. Bildideen notieren
Wer kennt es nicht: Aus dem Nichts – oft kurz vor dem Einschlafen – hat man eine Bildidee. Mache dir immer eine Notiz, damit du sie nicht vergisst.

10. Bilder präsentieren
Eindrucksvolle Fotografien verdienen es, präsentiert zu werden. Das Teilen in sozialen Netzwerken ist gut, aber an der Wand oder in einem Buch wirken Schwarzweiß-Fotos meist noch schöner.

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