23.05.2023

Himmel und Hölle: Dennis Oswald & Adrian Rohnfelder im Interview

Stürme, Vulkane und Co.: Wir haben mit den zwei Experten Dennis Oswald & Adrian Rohnfelder über ihr Buch „Himmel und Hölle“ gesprochen, das sich um extreme Phänomene dreht.

Bei Wind und Wetter bleiben viele lieber daheim. Und in lebensfeindliche Wüsten und auf aktive Vulkane wagen sich auch die wenigsten. Für die Fotografen Dennis Oswald und Adrian Rohnfelder sind aber gerade diese Naturphänomene und Orte die Ziele ihrer Reisen – und sie kommen mit erstaunlichen und eindrucksvollen Bildern zurück. In ihrem Bildband „Himmel und Hölle“ geben sie uns einen Einblick in die Macht des Wetters und das Innere der Erde. Wir sprechen mit den beiden Fotografen, wie es zu diesem Projekt kam, wie sie sich kennenlernten und was sie an ihrem eher extremen Fotogenre besonders reizt.

Himmel & Hölle
Die Faszination extremer Naturereignisse
von Dennis Oswald & Adrian Rohnfelder

Worum geht es in Ihrem neuen Projekt?

Adrian Rohnfelder: In unserem Projekt „Himmel und Hölle“ zeigen mein Freund und Fotograf Dennis Oswald und ich unsere Leidenschaft für die Schönheit und Ästhetik der Natur in ihrer extremen Form. Seit über 15 Jahren sind wir, gerne auch gemeinsam, auf dem ganzen Erdball unterwegs auf der Suche nach fotogenen Vulkanen, Gewittern sowie auch Wüstenregionen.

Dennis Oswald: Das aktuelle Projekt „Himmel und Hölle“ vereint unsere Faszination für Extremwetter, Vulkane und Wüsten. Das Ziel des Bildbands ist, die Schönheit dieser Natur zu zeigen. Nach unzähligen Reisen rund um den Globus freuen wir uns, dass nun das Buch zum Projekt endlich erscheint.

Wie kamen Sie zur Fotografie?

Dennis Oswald: Meine Mutter ist, seit ich denken kann, begeistere Hobbyfotografin. Auf zahlreichen Familienurlauben habe ich als Kind nach und nach den Weg zur Fotografie gefunden. Anfangs waren es eher die klassischen „Knipsbilder“, doch bald nahm ich die Sache ernster, lernte viel und die Ergebnisse wurden besser.

Adrian Rohnfelder: Auch ich begann, mich schon früh für die Fotografie zu begeistern. Für meine erste Klassenfahrt in der Grundschule habe ich von meinen Eltern einen Fotoapparat geschenkt bekommen. Seitdem bin ich eigentlich nie ohne unterwegs. Ab 2000 habe ich mich ernsthafter mit der Fotografie beschäftigt und auch ein paar Fotokurse besucht. Im Jahr 2013 habe ich meine erste Geschichte und Fotostrecke veröffentlicht und 2017 meine Leidenschaft für die Fotografie und Abenteuer endgültig zu meinem Hauptberuf gemacht.

Und wie kamen Sie zu Ihrem extremen Fotogenre?

Dennis Oswald: Neben der Fotografie war ich auch schon als Kind begeistert von der Meteorologie und Astronomie. Speziell Gewitter haben mich jeher fasziniert. Meine Eltern schenkten mir viele Sachbücher zu diesen Themen. Als dann das Internet kam, erfuhr ich von Sturmjägern in den USA und sah unglaubliche Bilder von Unwettern. Von da an wusste ich, das möchte ich auch machen.

Adrian Rohnfelder: Die Naturgewalten haben auch mich schon früh in den Bann gezogen. „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ von Jules Verne habe ich mehrfach verschlungen. Die Faszination geriet zwischenzeitlich etwas in Vergessenheit, bis ich im Jahr 2005 den fast 6.000 Meter hohen Vulkan El Misti in Peru bestieg. Damit flammte meine Begeisterung im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf, und seit 2008 bin ich regelmäßig weltweit auf der Suche nach natürlichem Feuerwerk.

Wie haben Sie sich kennengelernt?

Adrian Rohnfelder: Wir haben uns im Jahr 2017 auf einem kleinen Fotofestival kennengelernt. Dennis hat einen Vortrag über Gewitter, ich über Vulkane gehalten. Wir waren uns sofort sympathisch.

Dennis Oswald: Am selben Abend haben wir lange miteinander gesprochen. Das war der Startschuss zu „Himmel und Hölle“.

Was fasziniert Sie an diesen extremen Naturereignissen besonders?

Dennis Oswald: Donner, Blitz, Wind und Wolkenstrukturen habe ich schon immer begeistert beobachtet. Besonders fasziniert mich, wozu die Natur in der Lage ist. Ein solches Spektakel am Himmel entstehen zu lassen, wo nur wenige Stunden keine Wolke zu sehen war. Hinter jedem Gewitter steckt Dynamik. Ich kann mich aber genauso für eine schöne Landschaft begeistern, auch wenn diese vielleicht nicht so aufregend ist wie ein ausgewachsenes Unwetter.

Adrian Rohnfelder: Es ist das Spüren der Natur in ihrer extremen Form mit all ihren Sinnen. Die über 1.000 Grad heiße Hitze, der teilweise ohrenbetäubende Knall einer Eruption, die urgewaltigen Druckwellen und natürlich auch die faszinierende Schönheit von glühender Lava. Es ist für mich aber auch der Blick in das Innere unserer Erde, ja auf das Herz unsere Erde sowie auch unsere Vergangenheit vor Milliarden von Jahren.

Bei dem Ausbruch des Fagradalsfjall-Vulkans auf Island im Frühjahr 2021 hörte es sich zeitweise so an, als würden Tausende Gläser gleichzeitig zerspringen. Ein surreales Geräusch.

Tosende Stürme und aktive Vulkane – ist das nicht gefährlich?

Dennis Oswald: Das Gefährlichste dabei ist sicherlich der Straßenverkehr. Unfälle passieren deutlich häufiger, als vom Blitz getroffen zu werden. Es stimmt aber schon, dass es auf dem heimischen Sofa sicherer ist, als vor einem Gewitter zu stehen. Als Meteorologe ist einem die Gefahr natürlich bewusst. Allerdings ist das Risiko durch nötiges Fachwissen gering. Auch ein Tornado taucht bei der Gewitterjagd nicht einfach aus dem Nichts auf. Wir beobachten das Gewitter bereits schon lange, bevor es überhaupt zu einem Wirbelsturm kommt, und können dadurch auch feststellen, wo dieser entstehen kann. Außerdem begeben wir uns nie in ein Gewitter. Dort bekommen wir nicht die Bilder, die wir machen möchten.

Adrian Rohnfelder: Mit entsprechender Fachkenntnis, notwendiger Sicherheitsausrüstung wie Helm und Atemschutzmaske sowie insbesondere Respekt und Demut vor der Natur ist die Anreise (Flug, lange Autofahrten auf abenteuerlichen Straßen, tagelanges Trekking durch unwegsames Gelände abseits jeder Zivilisation) zu den Vulkanen, zumindest statistisch, deutlich gefährlicher.

Wie bereiten Sie sich auf Ihre Bilder vor?

Dennis Oswald: Wetterfotos oder genauer Gewitterfotos sind nur sehr schwer im Voraus zu planen. Jedes Unwetter ist ein Unikat, und man weiß nie genau, wann und wo es am Himmel auftaucht. Die Planung für die Gewitterjagd in den USA beginnt meist Anfang eines jeden Jahres. Flüge, Mietwagen werden gebucht, und somit wird dann auch schon der Zeitrahmen festgelegt. Meist geht es dann Mitte Mai über den großen Teich in die Tornado Alley. Dort werden dann jeden Morgen die Wettermodelle studiert und ein Gebiet festgelegt, wo man fotogene Gewitter erwartet. Einmal in diesem Gebiet angekommen, wartet man darauf, dass der Himmel die Bühne für die größten und gewaltigsten Gewitter der Welt freigibt. Von da an bestimmt das Wetter die weitere Vorgehensweise und auch die Motivwahl. Mit ein bisschen Glück präsentiert sich das Gewitter vor einem schönen Vordergrund. Dieser ist jedoch in der endlosen Weite der Prärie nicht immer einfach zu finden.

Adrian Rohnfelder: Ich plane nicht voraus. Ich habe drei Kinder plus viele lang geplante Termine wie Vorträge und Workshops. Insofern schaue ich häufig mit einem weinenden Auge auf aktuelle Ausbrüche. Einige Vulkane sind jedoch regelmäßig oder gar durchgängig aktiv, sodass ich diese mit ausreichendem Vorlauf in Ruhe planen kann. Dabei beschäftige ich mich auch intensiv damit, von welcher Position aus ich einen Vulkan am besten fotografieren kann. Ähnliches gilt auch für Trips in die Wüste. Ich beschäftige mich lange und intensiv mit den Gegebenheiten, sodass ich schon eine sehr genaue Vorstellung davon habe, wann ich was, wo und wie fotografieren möchte. Bei einer Wettertour muss ich gestehen, verlasse ich mich größtenteils auf Dennis, da er da natürlich viel mehr Ahnung von der Materie hat als ich.

Am Aso-san im Süden Japans hatten die Fotografen lange die nachlassende Aktivität beobachtet, bevor sie sich an den Kraterrand wagten.

Mussten Sie ein Wetter-Shooting oder die Tour zu einem Vulkan schon einmal abbrechen?

Dennis Oswald: Das klingt jetzt vielleicht etwas langweilig, aber bei der Wetterfotografie ist das noch nicht vorgekommen.

Adrian Rohnfelder: Auch mir ist das bisher nicht passiert. Je nach Aktivität kann ich mich einem Vulkan mehr oder weniger nähern. Es ist bisher noch nicht vorgekommen, dass sich eine Eruption so sehr unerwartet verstärkt hat, dass ich eine Tour abbrechen musste.

Mit welcher Ausrüstung arbeiten Sie?

Adrian Rohnfelder: Mein Equipment der Wahl stammt von OM System. Meine Ausrüstung muss in jeder Bedingung funktionieren, egal ob Hitze in der Wüste, Kälte in der Antarktis, heftiger Regen, feinste Vulkanasche, mein fotografisches Werkzeug darf mich nicht im Stich lassen. Ich hatte in der Tat auch noch keinen einzigen Ausfall von Kamera oder Objektiv. Zudem darf meine Ausrüstung nicht zu schwer sein, wenn ich einmal wieder Tage zu Fuß unterwegs bin oder bis auf fast 6.000 Meter steige. Bevorzugt arbeite ich im sehr weitwinkligen Bereich, aber natürlich ist auch immer ein leichtes Teleobjektiv mit im Gepäck. Eine Drohne habe ich seltener dabei, da das Fliegen in vielen Ländern und Nationalparks verboten ist.

Dennis Oswald: Ich arbeite mit einer Nikon D850, einer Nikon Z 6 II, Aoka-Stativen und diversen Objektiven von Weitwinkelbis zum Telebereich.

Hier schlägt das Herz des Tornado Alley, dem Ort, an dem die wahrscheinlich schönsten und größten Gewitter der Erde entstehen. In der Ferne bauen sich Wolkentürme auf, dann geht es ganz schnell.

Haben Sie ein Lieblingsobjektiv?

Adrian Rohnfelder: Als Landschaftsfotograf ist es das 7–14 mm Pro, als Reisefotograf und Abenteurer das besonders flexible 12–100 mm Pro von OM System.

Dennis Oswald: Bei mir sind es auch eher zwei. Das Laowa 12 mm f/2,8 Zero-D und das Nikon 70–200 mm f/2,8. Ich setzte beide Linsen sowohl beim Wetter als auch in der Landschaftsfotografie gerne ein.

Was brauchen Sie sonst noch an Ausrüstung für Ihre Art der Fotografie?

Dennis Oswald: Ein Intervallometer für Zeitrafferfotos, Handy mit Wetter-Radar und Straßenkarten – viel mehr braucht es nicht.

Adrian Rohnfelder: In erster Linie die entsprechende Schutzkleidung für den Vulkan sowie Trekkingausrüstung. Technisch sind es ein GPS-Notrufsender, mein Handy mit Wettervorhersage, Straßenkarten, GPS-Tracking, Routenplanung, Mond- und Sonnenzeiten und ähnliche Informationen. Dazu ein Stativ, Fernauslöser, mobile Back-up-Festplatte, eine Notration Kaffee und mein Maskottchen – ein kleiner Stoffhase, den mir unsere älteste Tochter auf meine erste Vulkantour mitgegeben hat. Seitdem ist „Hase“ immer dabei.

Dennis, was war Ihr intensivster Moment bei der Wetterfotografie?

Dennis Oswald: Ein unvergesslicher Moment wird wohl eine Superzelle in Kansas im Jahr 2016 bleiben. Das Gewitter brachte nicht nur wunderbare Wolkenstrukturen, Blitze, Tornados sowie besondere Lichtstimmungen hervor. Es bewegte sich außerdem in mehr als vier Stunden kaum fünf Kilometer weit, sodass viel Zeit blieb, das Schauspiel zu beobachten. Üblicherweise ist die Gewitterjagd stressiger, und man sitzt doch mehr im Auto. Das war an diesem Tag ganz anders.

Adrian, was war Ihr intensivster Moment bei der Vulkanfotografie?

Adrian Rohnfelder: Im Süden Japans stand ich im Mai 2015 fünf Nächte lang am Sakurajima-Vulkan. Jeweils zehn Stunden mit dem Auslöser in der Hand bei gut niedrigen Temperaturen, um neun Stunden und fünfzig Minuten davon auf ein schwarzes, inaktives Nichts zu schauen. Aber das Feuerwerk in den zehn aktiven Minuten mit vulkanischen Blitzen wäre es wert gewesen, noch weitere fünf Nächte dort zu warten. Zusätzlich ist dabei auch noch mein aus Wettbewerbssicht erfolgreichstes Bild gelungen.

Dennis Oswald
Seit 25 Jahren nutzt der studierte Meteorologe jede freie Minute für die Jagd nach fotogenen Gewittern, bevorzugt im Mittleren Westen der USA. Oswalds zweite Leidenschaft gilt der unendlichen Weite amerikanischer Wüsten. Seine preisgekrönten Bilder veröffentlicht er in Kalendern, Artikeln, Büchern und Vorträgen.

Adrian Rohnfelder
Er tauschte vor Jahren einen gut dotierten Beraterjob gegen Abenteuer, Kamera und Leidenschaft ein. Seitdem bereist der Fotograf die Erde auf der Suche nach Naturgewalten. Darüber publiziert er in Artikeln und Büchern, zeigt seine Vorträge auf großen Bühnen und gewann bereits mehrere internationale Preise.

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