24.11.2020

Gestalten mit Kontrasten

Spannende Fotos leben häufig von Kontrasten – zum einen sind das natürlich inhaltliche Kontraste, meist aber ganz plakativ Farbkontraste. Mit ihnen kann man seine Fotos ganz leicht interessanter machen.

Kontraste sind nichts anderes als Unterschiede – in diesem Fall zwischen zwei aufeinandertreffenden Farben. Eine Farbe hat immer drei Eigenschaften: Farbton, Sättigung und Helligkeit. Spricht man von Kontrasten, treten bei mindestens einer dieser drei Eigenschaften starke Unterschiede auf – in der Regel dominiert eine.

Kontraste sind kein Allheilmittel

Die von Johannes Itten entwickelten Kontraste beim Fotografieren im Hinterkopf zu haben, kann ein Stück weit Orientierung bieten, doch mehr als Basiswissen können sie nicht sein. Und schon gar nicht können sie dem Fotografen die Gestaltung seines Bildes abnehmen. Denn in kaum einem Foto taucht auch nur einer dieser Kontraste auf: Ein starker Kalt-Warm-Kontrast ist häufig auch komplementär, oft auch Hell-Dunkel, neben dem Quantitätskontrast findet man in einer Gänseblümchenwiese Qualitätskontraste. Viel Spaß beim Kombinieren!

Kalt-Warm-Kontrast

Farben von Gelb bis Violett gelten als warm, Farben von Blau bis Grün als kalt. Die stärksten Werte des Kalt-Warm-Kontrastes sind Blau und Rot. In der Malerei wurde von jeher der räumliche Eindruck mit diesem Mittel verstärkt: Weiter entfernte Farben verschieben sich Richtung Blau, werden also kälter. Nicht immer hat man es mit extremen Kontrasten zu tun: Mischt man warme Farben mit Weiß, wirken sie kälter, mischt man kalte Farben mit Schwarz, wirken sie wärmer.

Qualitätskontrast

Wie stark ist eine Farbe im Vergleich zu anderen? Qualitätskontraste zeigen sich zwischen leuchtenden und stumpfen Farben – letztere entstehen durch Beimischen von Weiß oder/und Schwarz oder durch Mischen mit der Komplementärfarbe. Kombiniert man reine und getrübte Farben, so verstärkt sich die Intensität der reinen Farbe – es entsteht eine scheinbare Räumlichkeit, da sich leuchtende Farben in den Vordergrund drängen – man denke an Landschaftsaufnahmen bei trübem Wetter: vorne knackig, hinten neblig-weiß.

Farbe-an-sich-Kontrast

Der einfachste Kontrast heißt: einfach nur bunt! Wenn Farben von großer Leuchtkraft in einem Bild vertreten sind, ist dieser Kontrast am stärksten – der Farbtheorie nach müssen mindestens drei Farben vertreten sein. Die buntesten Farben sind Gelb, Rot und Blau. Der Farbe-an-sich-Kontrast
findet sich als Stilmittel auch in der modernen Malerei immer wieder, von Mondrian bis Picasso. Dieser Kontrast ist aufmerksamkeitsstark und „laut“, wird aber dennoch oft positiv und lebensbejahend empfunden. Deshalb kommt er gerne in der Werbung, auf Plakaten und bei Kinderspielzeug zum Einsatz.

Hell-Dunkel-Kontrast

Die klassische Form des Hell-Dunkel-Kontrasts findet man in der Schwarzweiß-Fotografie: Erst durch die Helligkeitsunterschiede kann man überhaupt Formen und Konturen erkennen. Insofern ist dieser Kontrast wohl der älteste in der Fotografie und einer, der einem immer und überall begegnet, und sei es nur als brauner Stuhl vor einer beigen Wand. Hell-Dunkel-Kontraste entstehen durch hohe Weißanteile in der Farbe gegenüber hohen Schwarzanteilen – zum Beispiel Pastellgrün und Tannengrün. Sie sorgen für eine plastische Bildwirkung.

Quantitätskontrast

Das Größenverhältnis von zwei oder mehr Farbflächen im Bild wird als Quantitäts oder Mengenkontrast bezeichnet. So können bei unterschiedlichen Flächenanteilen Farben gleich intensiv und harmonisch wirken, wenn sie in einem bestimmten Mengenverhältnis stehen. Entscheidend dafür ist die Leuchtkraft einer Farbe, für die Goethe folgende Lichtwerte festlegte: Gelb 9, Orange 8, Rot 6, Violett 3, Blau 4 und Grün 6. Demnach wirken Grün und Rot gleich intensiv, und wie stark gelbe Tupfer in einer grünen Umgebung leuchten, beweisen die Gänseblümchen im unten stehenden Bild.

Komplementär-Kontrast

Stehen sich im Farbkreis zwei Farben diagonal gegenüber, sind sie komplementär. Komplementärfarben wirken so stark, weil sie ihre Leuchtkraft gegenseitig verstärken. Entsprechende Fotos wirken lebendig und spannend, dafür muss der Fotograf kaum besonders kreativ sein. Nicht umsonst gehören die gelb-roten Lifeguard-Häuschen vor blauem Himmel zu den beliebtesten Motiven in Miami Beach.

Andere Wirkung? Farben richtig kombinieren

Farben verändern je nach Umgebung ihren Charakter. Wissenschaftlich wird das als Simultankontrast bezeichnet. Es ergeben sich folgende Phänomene, die die Wirkung eines Fotos ganz schnell verändern können:

1. Dieselbe Farbe wirkt vor einem dunklen Hintergrund heller und vor einem hellen Hintergrund dunkler – so erscheint Rot auf gelbem Hintergrund viel dunkler als auf schwarzem.

2. Ein heller Hintergrund lässt eine Farbe besser zur Geltung kommen als ein dunkler.

3. Ein schwarzer oder weißer, also nicht bunter Hintergrund bringt Farben zum Leuchten und lässt sie deutlicher hervortreten.

4. Auch der Farbton scheint sich zu verändern: Eine gelbe Blume wirkt vor blauem Himmel wärmer als in der grünen Wiese, und die Wiese kühler, wenn kein blauer Himmel im Bild ist.

Der Grund für diese Effekte ist ganz einfach: Unser Auge ist nicht dazu gemacht, korrekte Farbwerte zu erkennen, es sucht nach Unterschieden, nach Kontrasten. Daher wirken viele kontrastreiche Bilder auf den ersten Blick immer besser und stärker.

So verändert der Weißabgleich eine Aufnahme

Ungewollte Farbstiche im Bild sind meistens auf einen falschen Weißabgleich zurückzuführen. Unser Auge passt sich ganz automatisch an unterschiedlichste Lichtverhältnisse an – sowohl was die Menge an Licht, aber auch seine Farbe angeht. Wir identifizieren eine von einer warmen Lampe angestrahlte weiße Wand problemlos als weiß und können (in gewissen Grenzen) auch die Farben von Objekten bestimmen, die mit farbigem Licht angestrahlt werden. Nichts anderes als eine solche „chromatische Adaption“ versucht die Kamera mit dem Weißabgleich. Theoretisch gesprochen misst die Kamera beim automatischen Weißabgleich die Farbtemperatur des Umgebungslichts und passt die Bildfarben bei der Aufnahme entsprechend an.

Das funktioniert nicht immer gleich gut: Vor allem Kunst- und Dämmerlicht bringt so manche Kamera aus dem Takt. Feintuning in RAW Andererseits muss ein technisch korrekter Weißabgleich nicht unbedingt das Beste für deine Aufnahme sein. Schließlich ist es häufig gerade die Lichtstimmung, die einen Moment außergewöhnlich macht. Ein Candle-Light-Dinner oder ein einsamer Straßenzug in der Dämmerung wirken in an sich zu warmem Licht einfach besser – und eine solche Lichtstimmung deckt sich meist auch mit unserer Erinnerung. Und wie kommt man zum richtigen Weißabgleich? Wie immer in der Digitalfotografie durch die gekonnte Mischung von Technik, Intuition und Herumprobieren. Am wenigsten festgelegt bist du, wenn du parallel in RAW und JPEG mit automatischem Weißabgleich fotografierst: Du musst dir bei der Aufnahme keine Gedanken machen, bekommst zu 80 Prozent ordentliche Bilder, hast aber dank RAW noch alle Freiheiten, den Weißabgleich später in der Bildbearbeitung vorzunehmen.

Farbtemperatur: Von kalten und warmen Farben

Beim Fotografieren wollen wir Farben meist so aufzeichnen, dass sie unserem Seheindruck entsprechen. Das Farbspektrum des Umgebungslichts hängt von der Quelle ab: Während die Mittagssonne als neutral empfunden wird, erzeugt eine Glühbirne einen orangefarbenen Schimmer. Technisch gesehen bezieht sich die Farbtemperatur auf die Temperatur, auf die man einen (theoretischen) schwarzen Körper, einen so genannten Planckschen Strahler, aufheizen müsste, damit er Licht eben dieser Farbe abgibt. Die Farbtemperatur wird in Kelvin angegeben; in dieser Einheit lässt sich auch ein Weißabgleich von Hand vornehmen.

Schritt für Schritt: Manueller Weißabgleich

Wenn man wirklich farbechte Ergebnisse braucht, kommt man auch als RAW-Anwender nicht um einen manuellen Weißabgleich herum. Entweder man fotografiert zum Beispiel eine Graukarte mit und nimmt die Farbkorrektur später am PC vor, oder man verwendet direkt in der Kamera die Option »Manueller Weißabgleich«. Wir zeigen Schritt für Schritt, wie‘s funktioniert.

1. Weißabgleich in der Kamera einstellen:
Ob du eine Canon EOS M6 Mark II, Nikon D780 oder eine Sony Alpha 7 III hast – je nach Kamerahersteller und -modell geht der manuelle Weißabgleich etwas anders. In der Regel wählt man als Erstes direkt an der Kamera oder im Menü die Option für manuellen Weißabgleich.

2. Neutrales im gleichen Licht fotografieren:
Das Prinzip ist ganz einfach: Man macht eine „neutrale“ Aufnahme (muss nicht weiß, aber farblos sein) und lässt sie in der Kamera verarbeiten. Am besten manuell defokussiert, nicht zwingend formatfüllend.

3. Auswählen, speichern, fotografieren:
Diese Aufnahme lässt du von der Kamera als Basis für den manuellen Weißabgleich verarbeiten. Stelle abschließend vor dem Fotografieren sicher, dass die entsprechende Weißabgleichs-Option aktiviert ist.

Passende Produkte

Haben Sie eine Frage an unsere Experten?

Finden Sie die Antwort schnell und einfach auf unserer Kundendienstseite

Nichts mehr verpassen -
Der Foto Erhardt Newsletter!

Einfach abonnieren und als Newsletter-Empfänger jede Woche profitieren:

Es gelten unsere Datenschutzbestimmungen.