11.12.2018

Fotografieren mit einem ND-Filter

Ob Stativ, externes Blitzgerät oder Wechselobjektive – in meiner Fototasche sind viele Artikel, ohne die ich nicht auf eine Fototour gehe. Einer davon ist mein ND-Filter. Jetzt fragen sich die ersten bestimmt schon: „Was bitte ist das denn?“. Und die nächsten denken „Ich habe mir gerade die Grundfunktionen meiner Kamera angeeignet, jetzt redet der von Filtern?“

Habt keine Angst. Ich werde Euch im folgenden Artikel keine technischen oder komplexen Erklärungen liefern. Also tief durchatmen – los geht’s:

Was ist ein ND-Filter?

Ein ND-Filter oder auch Graufilter ist ein Filter der dem Fotografen hilft die Belichtungszeit zu verlängern. ND steht übrigens für Neutraldichte. Der Begriff kommt übrigens aus der Ozeanographie und beschreibt Flächen, entlang derer sich ein Wasserpaket im tiefen Ozean bewegt. 

Mit einem ND-Filter könnt Ihr beispielsweise mitten am Tag, wenn die Umgebung durch die Sonne bzw. das Licht bereits sehr gut ausgeleuchtet ist, eine Langzeitbelichtung machen.

Jetzt sehe ich schon Eure Fragezeichen. Eine Langzeitbelichtung? Am Tag? Ja, ich weiß, dass dieses normalerweise nicht notwendig ist.

Aber eine Langzeitbelichtung am Tag führt zu ein paar netten Begleiterscheinungen, sodass Ihr einzigartige Fotos machen könnt.

Ein paar Beispiele? Bestimmt habt Ihr auch schon einmal diese märchenhaften Bilder mit Wasserfällen gesehen, die wie ein Nebel erscheinen.

Diese sind nicht, wie viele glauben, mit Photoshop bearbeitet, sondern durch eine Langzeitbelichtung entstanden. Dieses gelingt Euch mit einem Graufilter. Ich habe Euch einmal ein paar Bilder eingefügt, die diesen schönen Effekt verdeutlichen:

Bei diesem Bild wollte ich die Fließgeschwindigkeit des Wassers fotografieren. An diesem Teil des Baches fließt das Wasser relativ „wild“ und schäumt an einigen Stellen auf. Damit ich die Fließbewegung festhalten konnte, musste ich 6 Sekunden lang belichten.

Unmöglich bei Tageslicht. Ohne meinen kleinen Helfer, wäre das Bild komplett weiß geworden.

Und auch beim folgenden Wasserfall kam der ND-Filter zum Einsatz. Hier habe ich sogar ganze 13 Sekunden lang belichtet. Wieder wurde die Fließbewegung eingefangen.

Erinnert Euch das Bild nicht auch an eine Märchenkulisse?

Ihr fahrt demnächst ans Meer? Dann könnt Ihr dort Euren ND-Filter ebenfalls perfekt einsetzen. In der Langzeitbelichtung werden die tosenden Wellen zu einem mystischen Nebel und Eure Urlaubsbilder um einen tollen Effekt reicher.

Doch die Langzeitbelichtung mit ND-Filter vermag nicht nur Wasser zu verwischen. Setzt Euren Graufilter doch einmal bei einem ruhigen Gewässer, wie beispielsweise einem Teich oder See, ein.

Dann entsteht nicht nur eine glatt gezogene Oberfläche des Wassers, sondern auch ein genialer Spiegeleffekt. Das Wasser erscheint wie eine spiegelglatte Fläche, Bewegungen sind kaum sichtbar.

Natürlich sind die Bilder nicht mit den Momenten vergleichbar, in denen es tatsächlich windstill ist. Solche Spiegelungen können mit einem ND-Filter nicht erzeugt werden.

Stattdessen erhält das Bild eine völlig andere (und aus meiner Sicht schönere) Bildwirkung. Ein weiterer Pluspunkt: Ihr könnt gleichzeitig den Wolkenzug dokumentieren.

Es gibt noch viele weitere Bereiche in denen ND-Filter nützlich sein können. Ihr dürfte diese gerne in den Kommentaren aufführen.

Wie funktioniert ein ND-Filter?

Einen ND-Filtere ist eine Glas- oder Kunststoffscheibe, die Ihr auf Euer Objektiv schraubt. Der Graufilter funktioniert wie eine Sonnenbrille. Schaut Ihr zu lange mit bloßem Auge in die Sonne, dauert es nicht lange, bis Ihr nur noch weiß seht.

Bei Eurer Kamera ist das genau so. Ihr könnt den Sensor Eurer Kamera mit der Iris Eures Auges vergleichen. Auch der Sensor kann „geblendet“ werden, wenn das Lich zu hell ist.

Die Folge: Euer Bild wird zu hell und unbrauchbar. Durch den ND-Filter wird das Licht gedämmt.

ND- Filter gibt es in diversen Stärken.

Ich habe Euch diese, beginnend bei der schwächsten Dichte, einmal aufgelistet: 0,3(2x) | 0,6(4x) | 0,9 (8x) | 1,8(64x) |  3,0 (1000x) | 3,6 (4000x). Die wichtigsten sind 8x, 64x und 1000x.

Die Namen beschreiben auch gleichzeitig die Funktion: Mit einem Graufilter 3,0 (1000x) könnt Ihr Euer Bild 1000x länger belichten, als das bei normalen Lichtverhältnissen möglich wäre.

Ich habe für Euch das Ganze einmal in einer Tabelle zusammengefasst:

Neutraldichte NDxDurchlässigkeitVerlängerungsfaktor (z.B. ND 2)Anzahl Blendenstufen
0,0100%10,0
0,350%21,0
0,4535%31,5
0,625%42,0
0,912,6%83,0
1,010%103,3
1,26,3%164,0
1,81,6%646
2,01,0%1006,6
3,00,1%1.00010
4,00,0110.00013
5,00,001%100.00017
6,00,0001%1.000.00020
7,00,00001%10.000.00023
8,00,000001%100.000.00027

Den 1000x ND-Filter nutze ich an sonnigen Tagen mit hellen Lichtverhältnissen. So erziele ich – trotz grellem Licht – weiche Effekte.

Der 64x-Filter nutze ich am liebsten, da er besonders vielseitig einsetzbar ist. So könnt Ihr sowohl am Tag längere Belichtungszeiten erzielen, aber auch bei schummerigen Licht spannende Effekte erzielen.

Welche Hersteller gibt es?

Es gibt diverse Hersteller. Hersteller wie B&W, Rollei, Cokin oder Rodenstock haben eine große Auswahl an Filter. Selbstverständlich könnt Ihr diese alle über den Foto Erhardt Online-Shop erwerben.  Grundsätzlich wird dabei zwischen zwei Varianten, Glas- und Kunststofffilter, unterschieden.

Filter aus organischem Glas sind zwar teurer, verkratzen jedoch nicht so schnell und sind zudem auch farbechter als die günstigeren Kunststofffilter.

Bevor Ihr Euch für ein Filter entscheidet, solltet Ihr Euch überlegen, was Ihr fotografieren möchtet und zu welcher Tageszeit Ihr am häufigsten unterwegs seid. I

ch gebe Euch einmal ein Beispiel: Ihr möchtet zur Mittagszeit eine Langzeitbelichtung einer Straße machen, sodass kein Mensch mehr zu erkennen ist.

Mit einem Filter der Stärke 0,3 (2 Fache Belichtungszeit) könnt Ihr dieses nicht machen. Auch einen Bachlauf könnt Ihr mit diesem Filter nur schlecht in Szene setzen.

Ein 1000-fach ND Filter (Stärke 3,0)  hingegen, benötigt Ihr nachts wahrscheinlich niemals. Er ist so stark abgedunkelt, dass Ihr Euer Foto vermutlich mehr als 30 Minuten belichten müsstet, damit überhaupt Licht auf den Sensor treffen kann.

Welcher ND-Filter ist für den Start sinnvoll?

Wenn Ihr mit der Filterfotografie noch ganz am Anfang steht, empfehle ich Euch mit einem 64x Graufilter zu starten. Dieser dunkelt nicht zu stark, aber auch nicht zu schwach ab, sondern liegt mit seiner Filterwirkung genau in der Mitte.

So könnt Ihr viel ausprobieren. 

Mein Tipp: Am besten startet Ihr mit einem Schraubfilter. Dieser ist nicht so teuer wie ein komplettes Filterset.

Fortgeschrittenen Filterfotografen empfehle ich jedoch ein komplettes Filterset aus hochwertigem Glas. Nur dann habt Ihr wirklich die Freiheit zu entscheiden, welcher Filter gerade der Richtige ist.

Entstehen Farbfehler durch ND-Filter?

Wie bereits beschrieben, gibt es zwei verschiedene Filtervarianten. Bei der hochwertigen Glasvariante entstehen, meiner Erfahrung nach, keine Farbfehler im fertigen Bild.

Der Nachteil: Für gute Filter müsst ihr etwas tiefer in die Tasche greifen. Günstiger sind da die Kunststofffilter. Aufgrund ihrer Herstellung treten hier häufiger Farbfehler im fertigen Bild auf. Hier gilt leider – wie so oft – die Regel: „You get, what you pay“.

Leidet die Bildqualität bei der Nutzung eines ND-Filters?

Letztlich leidet die Bildqualität immer, sobald Ihr etwas vor Euer Objektiv schraubt bzw. baut. Bei den hochwertigen Glasfiltern ist diese Verschlechterung jedoch so marginal, dass diese nahezu nie auffallen.

Anders sieht dieses bei den Kunststofffiltern aus. Gerade bei den günstigen Einsteigervarianten müsst Ihr Qualitätsverluste einkalkulieren.

Welches Equipment benötigt Ihr zusätzlich?

Diese Frage kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Nach meiner Erfahrung benötigt Ihr in jedem Fall ein ein Stativ. So könnt Ihr aus diversen unterschiedlichen Höhen fotografieren, ohne dabei die Kamera zu verwackeln.

Ich benutze außerdem einen Fernauslöser. So verhindere ich, dass ich beim Drücken des Auslösers versehentlich die Kamera verwackele.

Und noch ein Tipp: Viele von Euch besitzen bestimmt verschiedene Objektive in unterschiedlichen Größen. Damit Ihr nicht für jedes Objektiv einen Graufilter kaufen müsst, solltet Ihr Euch die so genannten Step Up oder Step Down Ringe zulegen.

Das sind Adapterringe für die Objektive, um einen bestimmten Umfang zu erreichen. Ihr spart also bares Geld, wenn Ihr einen ND-Filter mit dem größten Umfang kauf und diesen dann auf jedem Objektiv mit den Step-Ringen befestigt.

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