08.10.2021

Outdoor-Fotograf Martin Bissig auf Tuchfühlung mit der Canon EOS R3

Keine Kamera hat die Foto-Community in den letzten Jahren so begeistert wie die Canon EOS R3: Professionelle Eckdaten kombiniert mit kompromissloser, spiegelloser Technologie machen die Kamera nicht nur zu einer eindrucksvollen Machbarkeitsstudie, sondern zeigen die Zukunft der Fotografie.

Nur wenige, ausgewählte Fotograf: innen hatten bislang die Möglichkeit, die Canon EOS R3 in der Praxis auszuprobieren – darunter Canon Ambassador Martin Bissig.

Wir haben uns mit ihm ausführlich unterhalten.

Welche Erfahrungen hast du mit den Kameras und Objektiven von Canon in der Vergangenheit bereits gemacht und wie hat die Canon EOS R3 diese Erfahrungen verändert?

Ich habe mit den Spiegelreflex-Kameras von Canon gearbeitet, lange Zeit. Mit der 1DX habe ich damals angefangen, danach gewechselt auf die 5D Mark IV, vor allem auch wegen der Form und der Größe und wegen dem Gewicht. Und im Jahr 2018 bin ich dann als einer der ersten Profi-Fotografen auf das spiegellose System von Canon umgestiegen, nämlich auf die EOS R, die damals herausgegeben wurde.

Ein Hauptargument dafür war wieder die Größe und das Gewicht, die neue Technologie und der neue RF-Mount von Canon. Da wusste ich, dass das die Zukunft sein wird. Ich habe beinahe komplett mein EF-Linsensystem und auch meine Kameras verkauft und 2018 wirklich komplett auf das spiegellose System gesetzt.

Danach habe ich zwei Jahre lang kommerziell mit der EOS R gearbeitet und durfte dann als einer von vier Ambassadeuren in Europa die neue EOS R5 testen, als diese letztes Jahr herausgekommen ist. Für mich war die EOS R5 die absolute Kamera meiner Träume – erneut was die Größe, das Gewicht und auch die Performance vom Autofokus und bei den Serienbildern angeht.

Das hat mir neue Möglichkeiten eröffnet – im Vergleich zur EOS R war das ein absoluter Quantensprung. Ich greife also auf rund drei Jahre Erfahrung zurück, was das spiegellose System von Canon anbelangt. Und diesen August durfte ich dann die EOS R3 ausgiebig testen und ich muss sagen, dass die Kamera nochmal eins oben draufsetzt.

Trailrunning in Davos: Aufgenommen mit der Canon EOS R3

Was sind aus deiner Sicht die größten Stärken der Canon EOS R3? Und wo gibt es vielleicht noch Verbesserungspotential? Welche Eigenschaften sind dabei für Ihre Fotografie besonders wichtig?

Die größten Stärken der Canon EOS R3 sehe ich vor allem in der Geschwindigkeit: Es kommt aber auch immer darauf an, mit was man die Kamera vergleicht, wenn man von Stärken und Schwächen spricht.

Im Vergleich zur EOS R5 habe ich einige Vorteile in Sachen Tempo, aber auch durch die kleine Dateigröße beispielsweise eine schnellere Datenübertragung.

Die geringere Auflösung sorgt zudem für eine bessere ISO-Performance und mit dem Hochformatgriff kann ich bequemer halten, wenn ich entsprechend fotografiere.

Apropos: Auch die Batterie-Kapazität ist nun deutlich höher; mit dem neuen Akku kann ich deutlich mehr Bilder machen als noch bei der EOS R5.

PS: Wenn ihr Mehr Power braucht – Powerstations von Ecoflow oder Jackery

Bei meinem Test habe ich so rund 3.500 Bilder an einem Vormittag geschossen und habe dabei noch nicht einmal die Hälfte vom Akku verbraucht. Auch die Bereitschaft beim Einschalten; da merkt man schon, dass die Kamera wirklich auf Geschwindigkeit ausgelegt ist.

Wenn ich sie einschalte, ist sie sofort verfügbar, während ich bei der R5 eine kleine Verzögerung wahrnehme, bis die Kamera einsatzbereit ist.

Die Vorteile gegenüber einer Spiegelreflexkamera sind dann gewaltig, was Autofokus und Serienbildgeschwindigkeit anbelangt. Für mich liegen die größten Vorteile eines spiegellosen Systems aber darin, dass ich die gesamte Sensor-Fläche nutzen kann, um Autofokus-Punkte zu setzen.

So kann ich in der Sport-Fotografie andere Bilder zu machen, indem ich meine Punkte zum Beispiel am Bildrand setzen kann.

Ich arbeite meist mit großen Blendenöffnungen bei Action-Aufnahmen, dabei ist der Autofokus so akkurat, dass ich sogar mit Offenblende arbeiten kann und wirklich scharfe Bilder bekomme.

Verbesserungspotential sehe ich bei der Canon EOS R3 nicht wirklich viel: Für mich persönlich, für kommerzielle Arbeiten, wenn ich die Bilder an den Kunden abgeben muss, oder auch wenn großflächige Drucke verlangt werden, dann ist natürlich die Auflösung von 24 Megapixeln zum Teil ein bisschen knapp.

Aber ich muss auch sagen, dass diese Kamera nicht für diese Zwecke gedacht ist, sondern eher für die schnelle Sport-, Reportage- und Wildlife-Fotografie. Deswegen ist die Kamera so wie sie jetzt eigentlich ist für ihren Einsatzzweck absolut perfekt.

Welche Objektive hast du bisher mit der Canon EOS R3 nutzen können? Welche Erfahrungen hast du dabei mit nativen und auch adaptierten Optiken gemacht? Hat sich bereits ein Favorit herauskristallisiert?

Ich habe den Vorteil, dass ich seit meinem vollständigen Umstieg zum RF-Mount über viele Optiken verfüge. Nachteile mit EF-Objektiven am Adapter konnte ich nicht feststellen. Die Serienbildgeschwindigkeit und die Bildqualität und auch die Autofokus-Performance bleiben eigentlich gleich.

Bisher habe ich mit dem RF 15-35mm f/2.8 L IS USM, dem RF 24-70mm f2,8 L IS USM und noch mit dem RF 70-200mm f2,8L IS USM bevorzugt gearbeitet – die sind immer in meiner Foto-Tasche mit dabei. Wenn ich kommerzielle Arbeiten habe, arbeite ich sehr gerne mit dem RF 28-70mm f2 L USM, dem RF 50mm f1,2 L USM und dem RF 85mm f1,2 L USM – die Leistung und die Bildqualität dieser Objektive ist wirklich absolute Spitzenklasse. Für den Test im Zoo konnte ich das RF 800mm F11 IS STM und das RF 600mm F11 IS STM nutzen und damit einige Tieraufnahmen machen.

Für welche Art von Motiven hast du die Canon EOS R3 bisher einsetzen können? Welche Art von Fotograf: innen sollte die Kamera auf jeden Fall näher in Betracht ziehen? Und welche Fotograf: innen finden bei einem anderen Modell vielleicht ein passenderes Werkzeug?

Ich hatte die Möglichkeit, die Kamera wirklich sehr intensiv mit verschiedenen Motiven zu testen. Zum einen hatte ich ein Trail-Running-Shooting in Davos, wo ich drei Trailrunner fotografiert habe, also schnelle Geschwindigkeiten. Dazu hatte ich auch noch eine Motorrad-Fahrerin, wo ich den Autofokus und die Fahrzeug-Erkennung ausprobiert habe; das war richtig toll.

Dann habe ich noch ein Auto fotografiert, auf einer Passstraße – auch um die Fahrzeug-Erkennung zu testen. Und zu guter Letzt war ich noch drei Tage auf dem Gletscher unterwegs mit ein paar Bikern. Insgesamt muss ich sagen, dass die Kamera mich natürlich sehr überzeugt hat, in allen möglichen Bereichen.

Ich denke die Kamera ist vor allem ausgelegt ist für sehr schnelle Action – für jemanden, der sich zu 100 Prozent auf sein Arbeitsgerät verlassen muss.

Egal ob im Stadion, wo auch das Licht vielleicht etwas schlechter ist und die ISOs nach oben gehen oder auch beim Sport im Freien, da kann die Kamera mit Sicherheit abliefern.

Wer hohe Auflösung braucht oder wenn auch ein Crop nötig wird, da denke ich ist die EOS R5 nach wie vor die Kamera der Wahl mit ihren 45 Megapixeln. Der Nachteil ist dort allerdings, dass die Dateigrößen relativ mächtig sind.

Die Canon EOS R3 ist in meinen Augen dennoch kein Ersatz für die EOS R5, sondern eher ein Zusatz oder noch besser die Kamera, für Fotograf: innen, die noch immer mit einem Spiegelreflex-System arbeiten.

Auch wenn sie es offiziell nicht ist, so wirkt die EOS R3 für mich definitiv als Nachfolgerin der 1DX-Serie.

Stoneman Glaciara: Aufgenommen mit der Canon EOS R3

Bist du bei der Canon EOS R3 an Performance-Grenzen gestoßen? Und deine persönliche Meinung: Ist die Zukunft der professionellen Fotografie spiegellos und warum/warum nicht? Welche Entwicklungen würdest du zukünftig begrüßen?

Ich bin während meinen Tests zu keiner Zeit an irgendwelche Grenzen gestoßen. Wo die Reise in Zukunft hingehen wird, ist für mich wirklich sehr schwierig zu sagen. Die EOS R5 und auch die EOS R3 erfüllen wirklich alle meine Anforderungen an Profi-Kameras.

Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann ist es eine EOS R3 in einem kleineren Gehäuse – für mich, wenn ich auf Expeditionen gehe, ist die R3 fast schon etwas zu groß.

Und dennoch: Die Fokus-Performance aber auch die Serienbild-Geschwindigkeit, die Batterie-Laufzeit – kurz alles was diese Kamera mit sich bringt, ist für meine Zwecke absolut perfekt. Profi-Fotograf: innen mit vielen kommerziellen Aufträgen wünschen sich vielleicht etwas mehr Auflösung, aber dafür gibt es ja die EOS R5.

In meinen Augen gehört die Zukunft klar der spiegellosen Technologie, das habe ich schon 2018 gesehen als ich den Wechsel vollzogen habe. Für mich bieten Spiegellose im Vergleich zu DSLRs nur Vorteile – angefangen bei Größe und Gewicht. Hinzu kommt der neue RF-Mount – Objektive können durch das kurze Auflagemaß kompakter, besser, kleiner gebaut werden – auch das ist ein riesiger Vorteil.

Bis vor kurzem hatten aus meiner Sicht die Profi-DSLR-Modelle noch Vorteile – zum Beispiel beim Handling und auch der Batterie-Laufzeit; mit der EOS R3 werden diese Argumente jetzt aber auch nichtig und ich muss sagen, dass Canon inzwischen für jeden Bereich und jeden Zweck eine spiegellose Kamera im Angebot hat.

Und auch das neue Linsen-Lineup mit RF-Bajonett bietet Möglichkeiten, die vorher mit dem EF-Mount so nicht möglich waren.

Deshalb bin ich mir sicher: Die Zukunft gehört dem spiegellosen System.

Unterwegs mit der Canon EOS R3

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Martin Bissig

Martin Bissig, ist 45 Jahre alt und kommt aus der Schweiz. Er ist seit 2003 Profi-Fotograf und seit 2019 Europa-Ambassador bei Canon. Seine Hauptaufgabengebiete sind vor allem die Sport-, Action und Outdoor-Fotografie. Er hat Kunden aus der Fahrrad- und Tourismus-Industrie und ist vor allem dort tätig.

Er unternimmt auch Expeditionen auf der ganzen Welt, das sind dann freie Projekte, die er an Magazine verkauft. Martin ist einer der meist publizierten Outdoor-Fotografen – jede Geschichte, die er publiziert, wird in 15 bis 25 Ländern veröffentlicht. Er war schon in GEO, National Geographic und CNN.

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