07.08.2019

Food-Fotografin Vera Wohlleben im Interview

Vera Wohlleben ist Bloggerin und Fotografin mit dem Schwerpunkt Food-Fotografie. Mit uns sprach sie über ihren Blog, Tipps für Food-Fotografie und das beste Objektiv für ihre Arbeit.

Wie bist du zu dem gekommen, was du heute machst?

2011 habe ich meinen Blog „Nicest Things“ als kreativen Ausgleich zum Medizinstudium gegründet. Um meine damaligen Themen Food, Interior und DIY zu illustrieren, habe ich fast täglich fotografiert. Schon bald kamen erste Kooperationsanfragen, so dass ich Ende 2011 ein Gewerbe angemeldet habe. Inzwischen ist aus dem Hobby ein Vollzeitberuf geworden. So arbeite ich als Content Creator und Blogger, aber auch blogunabhängig als Fotografin und Stylistin für Food & Stills. Mein Fokus liegt auf der Food-Fotografie, ich biete aber auch Produktfotografie, Lifestyle-Fotografie und Interior Shootings an.

Was ist die Idee zu deinem Blog „nicest things“? Welche Rolle spielt die Fotografie dabei?

Über die Jahre haben sich die Themen meines Blogs gewandelt. Ging es anfangs noch vermehrt um Lifestyle und DIY, so liegt mein Fokus heute klar auf Food. Mein übergeordnetes Konzept war aber immer die Ästhetik. Ich liebe es, Harmonie mit Farben und Licht zu erzeugen, Stimmungen zu vermitteln und mit meinen Bildern Geschichten zu erzählen.

Worauf legst du bei Food-Fotos einen besonderen Wert?

Natürlich müssen die Basics stimmen – appetitlich gestyltes, frisches Essen, ein gut sitzender Fokus und eine schöne Lichtführung. Mir persönlich ist es außerdem besonders wichtig, dass das Foto ein kongruentes Storytelling hat. Jahreszeit, Situation, Stimmung, Umgebung, all das soll eine stimmige Geschichte erzählen.

Welche Technik nutzt du aktuell und was wofür?

Ich fotografiere mit einer Canon EOS 5D Mark IV. Dazu nutze ich tatsächlich nur zwei Objektive: Zum einen meine Lieblingslinse, das Tamron 90mm f/2.8 Makro, für Food-Fotografie und Produktbilder. Zum anderen das Tamron 24-70mm f/2.8 für Flatlays, Interior Fotografie und Reportagen, bei denen ich schnell und flexibel hinsichtlich der Brennweite sein möchte. Beide Objektive sind richtig scharf, was bei meiner Fotografie ein wichtiger Aspekt ist.

In welches Equipment sollte ein Einsteiger unbedingt investieren?

Zuerst, klar, eine gute Kamera. Das muss aber nicht gleich eine Vollformatkamera sein und auch nicht unbedingt eine Spiegelreflexkamera. Je nach Einsatzbereich leistet eine DSLR mit APS-C-Sensor wie die Canon EOS 800D oder eine DSLM (spiegellose Systemkamera, APS-C oder Vollformat) gute Dienste. Mindestens genauso wichtig ist aber das Objektiv. Hier empfehle ich, nicht beim Kit-Objektiv zu bleiben. Eine lichtstarke Festbrennweite um die 90-100mm und ein flexibles Zoom im weitwinkligeren Bereich sind eine gute Kombi. Tamron hat da richtig scharfe Objektive, die auch preislich echt fair sind. Wer nicht gleich in zwei Linsen investieren will, ist mit einer 45mm Festbrennweite wie dem Tamron SP 45mm f/1.8 gut bedient. Am APS-C-Sensor wäre auch ein 35mm empfehlenswert, da die Brennweite hier wegen des Crop-Faktors ungefähr einem 50mm am Vollformatsensor entspricht.

Wie entstehen deine Beiträge und wie bereitest du ein Shooting vor?

Viele meiner Beiträge entstehen für Kunden, so dass ein Produkt oder eine Zutat bereits vorgegeben ist. Damit entwickle ich dann ein Konzept und ein Rezept, wobei ich mich von frischem Obst und Gemüse der Saison, neuen Food-Trends oder einfach meinem Appetit inspirieren lasse. Parallel überlege ich mir auch schon den Setaufbau mit passenden Untergründen und Props, die eventuell noch bestellt werden müssen. Nach der groben Konzept- und Rezeptentwicklung folgen der Einkauf der Zutaten und die Zubereitung mit der genauen Rezeptentwicklung. Dann style ich das frisch zubereitete Gericht, fotografiere es und bearbeite die Bilder in Lightroom. Nach der Keywordrecherche, Textredaktion und Korrekturschleife kann der Beitrag dann online gehen.

Was sind deine drei besten Tipps, um schöne Food-Fotos zu machen?

Natürlich steht und fällt alles mit einer guten Lichtführung, aber das ist ja nicht spezifisch für die Food Fotografie. Daher folgende drei Tipps:

Erstens: Das Gericht sollte immer im Mittelpunkt stehen. Untergrund und Props können das Gericht zwar unterstützen, aber am besten, ohne ihm die Show zu stehlen. Man muss nicht jede Ecke des Fotos mit Küchentüchern, Besteck, Schälchen etc. vollstopfen. Statt zu überlegen: „Was könnte ich noch dazu stellen?“ fragt man sich lieber: „Was könnte ich noch wegnehmen?“, wenn man mit dem Styling noch nicht zufrieden ist. Die besten Props sind übrigens einfach die Zutaten, aus denen das Gericht besteht, wie zum Beispiel frische Früchte oder ein Kännchen mit Milch.

Zweitens: Gericht, Props und Lichtstimmung sollten kongruent sein, also dieselbe Geschichte erzählen. Ein deftiger Auflauf kommt gut auf rustikalem Geschirr und einem alten Holztisch in einer Dark & Moody-Stimmung. Pastelltöne und gleichmäßiges, sanftes Licht wären hier weniger passend.

Drittens: Die meiste Zeit sollte man auf das Styling des Gerichts selbst verwenden. Ist es super frisch, ansprechend serviert und mit frischen Kräutern garniert, kann es schon fast für sich alleine stehen. Hier ist mein besonderer Tipp, Tiefe zu erzeugen. Das erreicht man durch verschiedene Schichten und Details, wie zum Beispiel noch eine Puderzucker-Schicht auf dem Kaiserschmarrn oder Öl, Kräuter und geröstete Nüsse auf einer Suppe.

Der Tiefe-Trick ist aber auch auf das gesamte Set anwendbar. Dezente Holzbrettchen, Butterbrotpapier, Küchentücher oder Kuchengitter sorgen hier für ein dreidimensional wirkendes Bild.

Vera Wohlleben, 35, ist Bloggerin, Fotografin und Stylistin für Food & Stills aus Heidelberg. Rezeptentwicklung und Food-Fotografie sind ihre Leidenschaften. Neben kreativen, saisonalen Rezepten findest du auf ihrem Blog „Nicest Things“ auch Themen wie Fototipps, Reisen, Interior Design, Minimalismus und DIY.
nicestthings.com

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