15.01.2020

Dokumentarfotografin Ulla Lohmann im Interview

„Don´t dream it, do it!“ – das ist das Motto von Ulla Lohmann, Dokumentar- und Vulkanfotografin. Mit uns sprach sie über ihre Arbeit als Fotografin, ihren Antrieb und Kameras, die Vulkanen trotzen.

Ulla, was beschäftigt dich im Moment, an welchen Projekten arbeitest du jetzt gerade?

Momentan läuft ein Zweiteiler auf Arte über mich als Fotografin, der tiefere Einblicke in meine Arbeitsweise gibt. Jeder Tag ist im Moment gespickt mit verschiedenen Terminen.

Nebenbei bediene ich derzeit noch den Instagram Kanal von Terra X mit meinen Aufnahmen. Allerdings geht es schon in drei Wochen wieder weiter zum Vanuatu-Vulkan in die Südsee.

Würdest du dich als „Vulkanjunkie“ beschreiben?

Ja, schon! Eine Weile geht’s ohne, aber alle paar Monate brauch ich wieder aufs Neue, ein paar Wochen lang, meinen Schwefelkick.

Du hast im Alter von 18 Jahren bei Jugend forscht teilgenommen und dadurch indirekt zum Journalismus gefunden. Wie ist es dazu gekommen und wie sahen die Jahre danach bei dir aus?

Definitiv war es meine Neugierde, weil ich immer wissen wollte wie Dinge funktionieren. Dadurch bin ich ans Forschen und Lesen gekommen und wollte schließlich in Jules Verne Manier einmal zum Mittelpunkt der Erde reisen.

Als es bei Jugend forscht geklappt hat und ich mir mit dem Preisgeld eine Weltreise finanzieren konnte, habe ich mir gleichzeitig auch meinen Traum erfüllt, einen Vulkan zu sehen.

Wirklich ausschlaggebend war für mich aber das Erlebnis vor Ort, ein Team von National Geographic zu treffen. Ab diesem Zeitpunkt habe ich gemerkt, dass es Menschen gibt, die mit ihrer Neugierde und schönen Bildern ihren Lebensunterhalt bestreiten können und gleichzeitig auch etwas damit in anderen Menschen bewirken.

Wie ging es dann weiter?

Wirklich angefangen habe ich über eine spontane Anfrage als Köchin beim Expeditionsteam. Das hat dazu geführt, dass ich Assistenz machen durfte und eine Menge an Hintergrundinformationen zu National Geographic erfuhr.

Bereits im Vorfeld habe ich mich für das Erzählen von Geschichten und die Fotografie interessiert und während meiner Weltreise regelmäßig für ein Lokalmagazin drei bis vier Doppelseiten mit Fotos bestückt.

Letztendlich habe ich mir das Fotografieren selber beigebracht.

Danach hast du dich zu einer richtigen Vulkanfotografin weiterentwickelt und dich darauf spezialisiert?

Genau! Gute Fotos können viele machen. Was den Fotografen von anderen unterscheidet sind Geschichten. Außerdem habe ich gemerkt, dass viele Magazine wie beispielsweise National Geographic, GEO oder Terra Mater einen wissenschaftlichen Hintergrund voraussetzen.

Die Spezialisierung hat mir im Laufe der Zeit geholfen immer besser zu werden, tiefer einzutauchen, um gute Geschichten an den Mann zu bringen und immer einzigartigere Fotos zu bekommen. Dafür habe ich mich zum Teil auch Jahre lang mit einem Thema auseinandergesetzt.

Wie bereitest du dich denn vor und was nimmst du mit, wenn es zum Vulkan geht?

Mittlerweile kenne ich mich mit der Thematik aus. Ganz wichtig ist, dass man weiß, mit welcher Art von Vulkan man es zu tun hat und wie aktiv der Vulkan ist. Viele Vulkane haben keine Infrastruktur, deswegen muss ich mir überlegen wie ich hinkomme und ich auch im Notfall schnell wieder weg.

Natürlich muss auch das Kamera- und das Campingequipment dafür ausgelegt sein. Oft arbeite ich mit einer Gasmaske. Aber auch Seiltechnik und Hitzeschutzanzug sind wichtig.

Falls es gefährliche Gase gibt, ist ein Gasmessgerät vonnöten. Meist ist kann ich nur wenig Kameraequipment mitnehmen.

Was für eine Kamera trotzt denn den Bedingungen auf einem Vulkan?

Weltweit war ich die erste Fotografin, die die Canon 5D Mark IV testen durfte. Außerdem habe ich mittlerweile auch eine Canon EOS R im Gepäck, die ich auch nächstes Mal wieder dabeihaben werde.

Grade, wenn ich in extremeren Gebieten unterwegs bin, ist es von Vorteil etwas Kleines und Leichtes mit zu haben. Außerdem muss ich sichergehen können, dass die Kamera auch bei Starkregen durchhält und der Bildstabilisator auch bei hoher Windgeschwindigkeit gut funktioniert.

Neben Vulkanen gehören auch indigene Völker zu deinem Themen-Schwerpunkt…

Das stimmt und ist einer der spannendsten Teile meiner Fotografie. Ganz viele Völker, bei denen ich gewesen bin, haben kaum Kontakt zur Außenwelt, weil sie so zurückgezogen leben.

Um diese Menschen zu besuchen, nehme ich mir ganz viel Zeit. Manchmal hat es Jahre gedauert bis ich vor Ort fotografieren durfte. Ich habe zum Beispiel zwölf Jahre gebraucht, bis ich die Fotos bekommen habe, die sich mein Adoptivvater in Papua von mir gewünscht hat.

Mir ist es ganz wichtig, dass ich mit den Bewohnern auch in ihrer Sprache kommunizieren kann. Aus diesem Grund beherrsche ich mittlerweile acht Sprachen fließend.

Wichtig dabei ist auch, dass ich mich nicht für die Menschen als Motive interessiere, sondern für die Personen, die dahinterstehen.

Was bedeutet Fotografie denn für die Menschen dort?

Letztlich ist die Kamera für mich ein Schritt zum Herzen der Menschen. Daher sehe ich es als Privileg an. Sehr viele Einheimische kennen keine Kameras und haben sich noch nie selbst auf einem Foto gesehen.

Mein Adoptivvater in der Südsee sagte mir zu seinen Lebzeiten, dass meine Fotos ein Ersatz für deren Traditionen, die Toten zu mumifizieren sind und auf diese Weise das Erbe, das Gesicht der Vorfahren erhalten.

Da wurde mir die Bedeutung eines Fotos erst richtig bewusst, weil es in manchen Kulturkreisen eben kein Massenprodukt ist, sondern für die dortigen Bewohner die Welt bedeuten kann.

Welchen fotografischen Traum möchtest du dir noch erfüllen?

Ich möchte unbedingt zum Mount Erebus, ein aktiver Vulkan in der Antarktis und dort ein wissenschaftliches Projekt begleiten. Leider habe ich bislang noch nicht die richtigen Wissenschaftler gefunden.

Aktuell machen wir außerdem ein Projekt, bei dem wir Bilder auf allen höchsten Bergen der europäischen Länder machen. Fotografie ist nach wir vor mein absoluter Traumjob und ich hoffe, dass ich mit meiner Arbeit viele Menschen inspirieren kann.

Ich möchte mit meinen Bildern andere Menschen ermutigen, raus zu gehen und Projekte umzusetzen. Don`t dream it, do it!

Ulla Lohmann ist Dokumentarfotografin und hat sich auf Vulkane spezialisiert. Heute arbeitet sie u.a. für Terra X, National Geographic, GEO und hält zahlreiche Vorträge über ihre Arbeit.
ullalohmann.com

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