13.11.2018

Die Farben in der Schwarzweiß-Fotografie

Die Schwarzweiß-Fotografie erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Das spiegelt sich auch im Bereich der Straßenfotografie wider, die einen breiten Raum auf Foto-Communities wie Flickr oder 500px einnimmt. Sicherlich spielen auch die alten Meister wie Robert Capa, Henri Cartier-Bresson oder Ansel Adams eine Rolle, deren Werke die moderne Fotografie immer noch stark beeinflussen.

Das Stilmittel der Schwarzweiß-Fotografie basiert auf der bewussten Reduktion der Bildinformation auf Kontraste und grafische Strukturen. Dabei ist das Fotografieren in Schwarz-Weiß bei weitem mehr als nur das Weglassen von Farbe. Im Gegenteil, die Farben spielen in der Schwarzweiß-Fotografie bei der Motivwahl, bei der Bildkomposition als auch bei der nachgelagerten Bildbearbeitung eine wichtige Rolle.

Wahl geeigneter Motive

Die Umsetzung der Farben in die schwarz-weiße Abstraktion beginnt bereits bei der Motivwahl. Es gibt viele Motive, die zwar in Farbe hervorragend funktionieren, jedoch nach der Umwandlung in Schwarz-Weiß die ursprüngliche Bildwirkung verlieren. Ein Beispiel hierfür sind vorwiegend monochrome Motive mit vielen Details, etwa eine grüne Landschaft mit vielen Pflanzen und Bäumen. Die Umsetzung solcher Motive in Schwarz-Weiß wirkt oftmals, als hätte man dem Bild lediglich die Farbe entzogen. Ein monochromes Landschaftsmotiv mit eher großen unstrukturierten Flächen, etwa die Silhouette einer Berglandschaft in der Morgendämmerung, kann in Schwarz-Weiß hingegen eine außergewöhnliche Wirkung erzielen. Ähnliches gilt für Porträts und Gesichter: ein Porträt in Schwarz-Weiß wird nur dann als reizvoll empfunden, wenn sich der Grauton des Gesichts signifikant von den Grautönen des Hintergrunds abhebt. Für die Motivwahl ist es deshalb wichtig, Farben als Kontraste zu interpretieren die im späteren Schwarzweiß-Bild als abstrakte Formen mit den Hell-Dunkel-Übergängen der Grautöne wahrgenommen werden.

Bildbearbeitungsphase

Grundsätzlich empfiehlt es sich in Farbe und in RAW zu fotografieren und die Umwandlung in Schwarz-Weiß erst in der nachgelagerten Bildbearbeitung am Computer vorzunehmen. Anfänger werden bevorzugt nach dem „trial and error“ Prinzip vorgehen, geübte Fotografen können hingegen bereits bei der Bildkomposition Einfluss auf die Bildwirkung des späteren Schwarzweiß-Bildes nehmen. Die Einstellung der digitalen Kamera auf „Schwarz-Weiß“ direkt bei der Aufnahme empfiehlt sich eher für die Straßenfotografie, so dass die Umsetzung der entsprechenden Grautöne, Kontraste und Formen bereits im Sucherbild kontrolliert werden kann. Bei dieser Methode verliert man allerdings viele kreative Möglichkeiten der anschließenden Bildbearbeitungsphase. Dieser Weg sollte deshalb vor allem den Puristen vorbehalten sein.

Möglichkeiten der Konvertierung

Die Umwandlung des Farbbildes in ein Schwarzweiß-Bild wird meist in Bildbearbeitungsprogrammen wie Lightroom oder Photoshop durchgeführt. Unerfahrene Fotografen verwenden gerne die Funktion „als Graustufen abspeichern“ und entziehen dem Bild lediglich die Farbinformationen. Die resultierende Bilddatei ist zwar sehr klein, aber der Fotograf hat mit dieser Funktion keinerlei Einfluss auf das Bildergebnis der Umwandlung. Manchmal wird auch versucht durch den Regler der Farbsättigung ein Schwarzweiß-Bild zu erhalten. Wird der Regler ganz nach links oder auf -100 eingestellt, also die Farbe komplett entsättigt, erhält man zwar ein Schwarzweiß-Bild, aber das Ergebnis ist sehr flau da die Grauwerte durch die Entsättigung der Farben nicht korrekt dargestellt werden. Besser ist es, einen der folgenden drei Wege einzuschlagen: das Farbbild mithilfe des Assistenten für Schwarzweiß-Bilder des Bildbearbeitungsprogramms zu konvertieren, das Farbbild in einem eigenen Workflow zu konvertieren, oder die Konvertierung in einem speziellen Plugin mit einer Vielzahl von Steuerelementen und Presets durchzuführen.

Verwendung von Farbfiltern

Verwendet man für die Umwandlung den Assistenten für Schwarzweiß-Bilder des Bildbearbeitungsprogramms können unter anderem Farbfilter simuliert werden, beispielsweise die bekannten Gelb-, Orange und Rotfilter der analogen Schwarzweiß-Fotografie. Dadurch können die Grauwerte der Farben beeinflusst werden. Dieser Effekt wird gerne für den Himmel genutzt, der Blauton wird in einem sehr dunklen Grauton wiedergegeben, der starke Kontrast zu den weißen Wolken verleiht dem Bild einen dramatischen Ausdruck. Das Resultat ist ein RGB-Bild mit identischen Kanälen Rot, Grün, Blau sodass das Schwarzweiß-Bild neutral dargestellt wird. Dank des RGB-Modus kann das Bild aber auch getont werden, üblich ist ein leichter Sepia-, Blau- oder Braun-Ton. Erfahrene Fotografen setzen gerne einen eigenen Workflow für die Konvertierung auf und arbeiten oft mit Ebenenmasken. Ziel ist es die Farbfilter bei der Konvertierung kontrolliert und bei Bedarf partiell einzusetzen. Denkbar sind die Optimierung des Grautons der Haut oder aber auch nur der Lippen in einem Porträt.

Plugins für die Konvertierung

Sehr beliebt sind die Plugins für die Schwarzweiß-Konvertierung, mit am bekanntesten ist sicherlich das Plugin „Silver Efex“. Mit Hilfe dieser Plugins kann die Konvertierung partiell oder im gesamten Bild optimal gesteuert und als Preset abgespeichert werden. Es gibt bereits Basis-Presets, die man leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassen und erweitern kann. Mit der größte Vorteil ist, dass durch die Presets gleichbleibende Ergebnisse erzielt werden können. Zudem bieten diese Plugins in der Regel SW-Filmsimulationen an. Mithilfe dieser Simulation wird der Korneffekt der klassischen SW-Filme auf Basis von realen gescannten Korn-Vorlagen in das Bild eingerechnet. Rein technisch gesehen verliert das Bild dadurch etwas an Auflösung. Das sollte man aber gerne in Kauf nehmen, da der Korneffekt dem „cleanen Look & Feel“ des digitalen Bildes einen angenehmen organischen Anstrich verleiht.

Über Dietmar Temps:

Dietmar Temps ist datacolor Friends with Vision Mitglied und diplomierter Medien- und Photoingenieur sowie ausgebildeter Fotograf mit über 20 Jahren Berufserfahrung in der Medienbranche. Er lebt in Köln, Deutschland. Seine ersten beruflichen Schritte in der Fotografie konnte er als Fotoassisent in ganz Europe sowie in Amerika sammeln. Im Anschluss studierte er Photo- und Medientechnik an der Technischen Hochschule Köln. Aktuell liegt sein Hauptaugenmerk auf der Realisierung von Foto- und Internetprojekten mit einem starken Fokus auf Reisefotografie, Social Networking und Video Streaming.
Auf seinem Travel-Blog schreibt er über seine Fotoreisen an die schönsten Flecken dieser Erde, die er in den zurückliegenden Jahren unternommen hat. Darunter waren viele Reisen nach Afrika, Süd Amerika und Asien.
Auf seiner Webseite finden sich zahlreiche Foto-Serien seines fotografischen Schaffens das in Bildbänden, Magazinen und Travel Blogs veröffentlicht wurde.

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