13.01.2021

Das Sony 35 mm f/1.4 G Master

„Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert.“
-Oscar Wilde

Ein echter Klassiker.

Meinen Recherchen zufolge wurde bereits im Jahr 1930 mit dem Leitz Elmar 3,5 cm 1:3.5 das erste 35 mm Objektiv für den analogen Kleinbildfilm vorgestellt. Diese erste Weitwinkel-Brennweite entwickelte sich zu einer der beliebtesten Optiken für die verschiedensten fotografische Stile. So finden sich illustre Namen wie Bill Cunningham, Annie Leibovitz, Terry Richardson und Jim Marshall unter den 35 mm Anhänger:innen. Ihre Fotografien sind ikonisch, ihre Handschrift in jedem Bild unverwechselbar.

Es ist deshalb nur logisch, dass für jedes digitale Kamerasystem diese Brennweite angeboten wird, von allen bekannten Hersteller:innen in unterschiedlichen Lichtstärken zu entsprechend variierenden Preisen.

Der Markt ist also gesättigt. Oder?

Kann sie tragen – das Sony 35 mm f/1.4 G Master steht der Sony Alpha a7R IV sehr gut.

Der Anspruch steigt.

Wenn man sich die Innovationen der letzten zwei Dekaden ansieht, muss wohl jeder bestätigen: Die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts ist schlicht atemberaubend. Mit steigender Leistungsfähigkeit elektronischer Bauteile ergeben sich immer wieder neue Möglichkeiten, die digitale Fotografie zu optimieren. Fokussysteme, die automatisch Motive und damit z. B. Gesichter und Augen erkennen können, sind eines vieler Beispiele für teils revolutionäre Weiterentwicklungen.

Mit diesem Leistungszuwachs geht auch eine immer größere Auflösungsmöglichkeit einher. Kameras (und Heimcomputer) sind in der Lage, Fotografien mit mehr als 60 Megapixeln rasant zu verarbeiten. Das war vor wenigen Jahren nahezu undenkbar.

Allerdings ist Fotografie kein rein elektronisches, sondern primär ein optisches Thema. Glas kennt keinen Prozessor, Licht ist eine analoge Information. Und plötzlich ist der Schritt, Anfang 2021 ein neues 35 mm Objektiv vorzustellen, gar nicht mehr so abwegig.

Das neue Sony 35 mm f/1.4 G Master wirkt nicht nur wichtig, sondern dürfte für viele Fotograf:innen ein essenzielles Werkzeug werden.

Wir brauchen optische Exzellenz.

Wer hier mitliest, wird das kennen: Eine Kamera, die wir 2010 als Neuheit erworben und zu diesem Zeitpunkt als das Nonplusultra wahrgenommen hatten, entlockt uns 2021 wahrscheinlich nicht mal mehr ein müdes Schulterzucken. Der Anspruch steigt mit den Möglichkeiten.

Das Problem: Objektive müssen mitziehen. Ja, Altglas an aktuellen Systemen ist zeitweilig charmant, hin und wieder ein spannendes Kuriosum, in letzter Instanz aber für die wenigsten Fotograf:innen alltagstauglich. Es braucht also Gläser, die mit den modernen Kamera-Boliden mithalten können. Andernfalls fallen die Bildergebnisse spätestens in der Detailbetrachtung sehr ernüchternd aus.

Genau hier setzt die Firma Sony mit den G Master Objektiven an.

Das Konzept ist simpel, aber durchdacht. In zwei Kategorien will Sony mit der G Master-Serie punkten: Auflösung und Bokeh. Und das klappt auf ganzer Linie.

Das auffällige G Master Logo lässt die Herzen von Fotograf:innen höher schlagen. So auch am Sony 35 mm f/1.4 G Master.

Das G könnte auf für „greatness“ stehen. Sonys G Master Reihe bürgt für optische Exzellenz.

Schon jetzt ein neuer Standard.

Salopp formuliert: Das neue Sony 35 mm f/1.4 G Master-Objektiv liefert einfach ab. Ob an der Sony Alpha a7C, Sony Alpha a7 III, Sony Alpha a7S III oder an einer Sony Alpha a7R IV, die Abbildung ist knackscharf, das Bokeh wunderbar cremig.

Doch vielleicht erstmal zu den Eckdaten. Mit einem Gewicht von 524 Gramm, einer Länge von 9,6 Zentimetern und einem Filterdurchmesser von 67 Millimetern ist das Objektiv zwar nicht das kleinste und leichteste 35 Millimeter am Markt, dafür fühlt es sich aber wie ein ernstzunehmendes Werkzeug an. Es liegt angenehm satt in der Hand und trägt definitiv nicht zu dick auf.

Ein wackliger Balance-Akt bei Offenblende - dank Augenerkennung mit dem Sony 35 m f/1.4 G Master kein Problem.

Am Sony 35 mm f/1.4 G Master hatte scheinbar nicht nur der Fotograf seine Freude.

Am Objektiv kann natürlich zwischen Autofokus und manuellem Fokus gewechselt werden. Nutzt man den Autofokus, werkeln zwei XD-Linearmotoren in der Optik, und man darf bis zu 27 Zentimeter ans Motiv heran. Bei manueller Fokussierung verkürzt sich die Nahdistanz auf 25 Zentimeter. Der Abbildungsmaßstab liegt bei 1:4.

Der Fokusring ist angenehm breit, dank der geriffelten Oberfläche auch mit Handschuhen entspannt bedienbar und läuft butterweich. Wie von den anderen G Master-Objektiven gewohnt, gibt es eine Fokus-Halte-Taste, der über das Menü der Kamera auch eine andere Funktion zugewiesen werden darf.

Die Blende kann wahlweise an der Kamera oder über den verbauten Blendenring am Objektiv gewählt werden. Dabei entscheiden Fotograf:innen über einen Schalter, ob der Blendenring in den klassischen Drittelschritten einrastet – also über Klicks funktioniert – oder stufenlos ohne Rastung agiert.

Click on or off?

Mit Klick oder ohne Klick? Du hast die Wahl.

Über diese Funktion führte ich erst kürzlich ein interessantes Gespräch mit einem befreundeten Filmer. Ich persönlich favorisiere die Drittel-Klicks, da ich darüber blind die Blende auf die gewünschte Öffnung verstelle. Mein Gesprächspartner hingegen empfindet die Rasterung als lästig, denn beim Filmen ist ein geschmeidig laufender Blendenring nahezu unverzichtbar.

Wie schön also, dass Sony den Nutzer:innen die Wahl selbst überlässt.

Dass die Gläser in einem robusten und Outdoor-tauglichen Objektivgehäuse verbaut werden, ist nur logisch. Ein G Master will benutzt werden und verzeiht so manchen härteren Einsatz.

Bitte lächeln - trotz eisiger Temperaturen und Nieselregen.

Die Kleidung beweist: Wir hatten nicht das allerbeste Wetter für unsere Aufnahmen. Dem Sony 35 mm f/1.4 G Master macht aber auch ein kleiner Schauer nichts aus.

Wie sieht’s denn aus?

Das Sony 35 mm f/1.4 G Master Objektiv füllt selbst die extremen 61 Megapixel einer Sony Alpha a7R IV mit Leben, und das scheinbar ganz locker. Mich würde nicht wundern, sollte Sony bei der Konstruktion bereits an Auflösungen im dreistelligen Bereich gedacht haben. Das Auflösungsvermögen ist an aktuellen Modellen in jedem Fall top.

Sony schafft es außerdem, optische Exzellenz bereits bei Offenblende zu liefern. Während viele andere Objektive am Markt abgeblendet werden wollen, um auch in den Randbereichen eines Fotos scharf zu zeichnen, kann hier ganz entspannt mit Blende f/1.4 fotografiert werden.

Eine analoger Effekt pusht die ohnehin schon satten Farben.

Vordergrund macht Bild gesund – und verleiht dem Foto Tiefe.

Vielleicht dennoch eine kleine Vorwarnung: Das muss man üben. Blende f/1.4 am Vollformat-Sensor lässt die Schärfentiefe auf ein absolutes Minimum schrumpfen. Vor allem bei nahen Aufnahmen gilt deshalb: Eine leichte Bewegung nach dem Fokussieren, und das Ergebnis ist unscharf. Keine Sorge, man entwickelt da durchaus Routine. Und es macht ja auch Spaß, sich auf ein Objektiv richtig einzuarbeiten. Dennoch sollte man sich nicht nur auf die technischen Tricks einer Kamera verlassen. Fotografie hat noch immer viel mit Übung, Routine und Erfahrung zu tun. Also steck nicht direkt den Kopf in den Sand, sollten die ersten Versuche eher befremdlich wirken.

Die Freistellung des Hauptmotivs klappt deshalb aber auch so gut wie immer, und die homogene Weichzeichnung der Bildanteile, die nicht im Fokus sind, ist schlicht sagenhaft. In kurz: Das Bokeh macht Freude. Das liegt zum einen an den 11 abgerundeten Blendenlamellen, zum anderen an den zwei verbauten XA-Elementen (eXtreme Aspherical).

Schwarzweiß ist mir am liebsten, wirkt es doch stets zeitlos.

Die Schärfentiefe des Sony 35 mm f/1.4 G Master ist vor allem im Nahbereich hauchdünn.

Der 100% Crop beweist: An Auflösung mangelt es dem Objektiv nicht.

Ein 100% Crop aus dem 61 Megapixel-Original: Die Schärfentiefe ist so dünn, dass in diesem Beispiel bereits die Iris hinter den Wimpern nicht ganz scharf abgebildet wird. An den Wimpern wird aber wunderbar die Auflösung deutlich.

Bist Du 35?

Verkaufsstatistiken beweisen: Ein Zoom ist beliebt. Vielen Nutzer:innen fällt es scheinbar schwer, sich auf nur eine Brennweite einzulassen. Ich glaube jedoch, die meisten wissen gar nicht, was sie damit verpassen.

Die kreative Freiheit wirklich großer Blendenöffnungen – oder anders formuliert: hoher Lichtstärken – möchte ich gegen kein Zoom der Welt eintauschen müssen. Ich gestehe, ich bin da befangen. Ich liebe Festbrennweiten.

Oftmals ist es aber auch keine einfache Entscheidung. Welche Brennweite passt zu mir? Es sind so viele Festbrennweiten erhältlich, dass dieser (nicht so ganz günstige) Schritt wohl überlegt sein will. Und ganz ehrlich: Ich kann Dir das auch nicht sagen. Aber vielleicht habe ich doch ein wenig food for thought für Dich.

Der Bildausschnitt von 35 Millimetern ist in den meisten Fällen schon weit genug für gelungene Landschafts- und Architektur-Fotografien. 35 Millimeter sind aber wiederum auch eng genug, um schöne Porträts zu fotografieren.

Ganzkörper-Porträt aus naher Distanz.

Ganzkörper-Porträts sind für das Sony 35 mm f/1.4 G Master ganz easy.

Bei Reportage- und Street-Fotograf:innen sind 35 Millimeter irrsinnig beliebt. Diese Art der Fotografie erfordert fast immer einen Zusammenhang zwischen Hauptmotiv und Umgebung – eine Gestaltung, die 35 Millimeter mit Bravour meistern.

Und wer einen besseren Eindruck von der Flexibilität eines 35 Millimeter Objektivs gewinnen möchte, sucht einfach mal nach Fotografien der oben genannten Ikonen. Man staunt mitunter nicht schlecht, was mit ’nem 35er so alles geht.

Alternativlos?

Der Objektivmarkt ist hart umkämpft, und für jedes System gibt es Alternativen zu den Originalen (mal ganz abgesehen von der Möglichkeit, so gut wie jedes Objektiv der Welt zu adaptieren, aber das würde hier jetzt den Rahmen sprengen). Ich möchte die Objektive anderer Hersteller:innen jedoch nicht als billige Plagiate missverstanden wissen. Die Firmen Sigma und Tamron beispielsweise agieren mittlerweile auf einem sehr hohen optischen Niveau und überflügeln so manche native Linse.

Sigma schickt mit dem Sigma 35 mm f/1.4 DG HSM Art ein von den Werten deckungsgleiches Objektiv ins Rennen, das optisch ebenfalls exzellente Ergebnisse liefert. Auf einen Blendenring muss hier jedoch genauso verzichtet werden, wie auf die Fokus-Halte-Taste.

Mit dem Sigma 35 mm f/1.2 DG DN Art legt Sigma in Punkto Lichtstärke sogar noch einen drauf und überzeugt mit Blendenring und Fokus-Halte-Taste.

Natürlich liegen beide Sigma-Objektive anders in der Hand als das Sony G Master, und die Abbildungen sind logischerweise nicht absolut deckungsgleich. Hier gilt also: Ruhig ausprobieren und vergleichen.

Der letzte Satz ist ohnehin der Tipp schlechthin, wenn es um Objektive geht. Besuche den Fachhandel, nimm Deine Kamera mit und probiere Deine Wunsch-Objektive aus.

Was auch immer sie da gesehen haben mag: Beim Porträt muss nicht zwingend ins Objektiv geschaut werden - auch wenn das Sony 35er ein Hingucker ist.

Ob Dir das Objektiv gefällt, kannst Du nur durch Ausprobieren herausfinden. Mach am besten direkt Fotos, die Dir auch Spaß machen.

Zusammengefasst.

Auch wenn ich pauschalisiere: Ein 35er ist ein fantastisches Glas. Es ist flexibler, als es zunächst den Anschein hat, denn es bedient diverse Foto-Genres. Es ist handlich und damit auch und besonders im Outdoor-Einsatz höchst praxistauglich. Es macht Freude vom Schnappschuss bis zur Studio-Aufnahme, es liefert im Nahbereich eine wundervolle Freistellung, und es ist eine ideale Linse, um mit Bildern Geschichten zu erzählen.

Vielleicht ist ein 35 Millimeter genau Dein Werkzeug. Könnte doch sein?

Wenn ich Dich mit meinen Zeilen an irgendeiner Stelle abholen konnte, solltest Du dieser Brennweite jedenfalls mal eine Chance geben. Und mit dem Sony 35 mm f/1.4 G Master findest Du für Deine Sony E-Mount Vollformat-Kamera vielleicht den idealen Begleiter.

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