06.12.2021

Architektur in Szene setzen

Häuser und Gebäude spannend zu fotografieren ist technisch anspruchsvoll. Mit ein paar Kniffen aber gar nicht so schwer. Wir zeigen dir, worauf es ankommt.

Räume inszenieren

„Architektur ist erstarrte Musik.“ Dieser Ausspruch, der dem großen Philosophen Arthur Schopenhauer zugeschrieben wird, beschreibt sehr schön ein wesentliches Merkmal von Architektur: Wie alle Künste berührt sie uns emotional.

Wir können ein Gebäude als kalt und abweisend empfinden oder aber als freundlich und einladend. Ausschlaggebend dafür sind seine Linien und Formen sowie die Proportionen und wie sie mit der Umgebung harmonisieren.

Diese Wechselwirkung zwischen Mensch und Raum macht den Reiz der Architektur auch aus fotografischer Sicht aus.

Architektur in Szene
U-BAHN: Nutze die unterschiedlichen Farbtemperaturen in Innenräumen für stimmungsvolle Aufnahmen.

Ob sachlich, abstrakt oder kreativ – Bauwerke lassen sich mithilfe der Kamera auf viele Arten inszenieren. Dabei kommt es aber zu physikalischen Problemen: Fotografiert man Gebäude vom Standpunkt eines menschlichen Betrachters aus, scheinen vertikale Linien oben zusammenzulaufen. Besonders störend wirkt das bei Innenaufnahmen: Es scheint, als würde das Gebäude zusammenstürzen.

Stürzende Linien

Vermeiden lassen sich stürzende Linien bei der Aufnahme nur mit teuren Spezial-Optiken, die eine Perspektiv-Korrektur erlauben, so genannte Tilt-Shift-Objektive (z B. Walimex pro 24mm F3,5 T-S).

Du kannst die Linien jedoch auch nachträglich mit dem »Perspektivischen Freistellungswerkzeug« von Adobe Photoshop oder vergleichbaren Programmen korrigieren.

Lasse in diesem Fall etwas mehr „Fleisch“ um das Hauptmotiv herum stehen. Alternativ dazu suchst du nach einem Kamerastandpunkt, der sich etwa auf halber Höhe zur Vertikalen befindet. Auch so lassen sich stürzende Linien minimieren. Leider sind solche Aufnahmeorte aber oftmals nicht oder nur sehr schwierig zu erreichen.

TREPPEN: Die Vielfalt der Treppenhäuser dieser Welt hat schon viele Fotografen zu sehenswerten Bildserien inspiriert.

Abstrakte Architektur

Moderne Architektur zählt zweifelsohne zu den spannendsten Sujets der Fotografie. Ein großes Bauwerk mit all seinen charakteristischen Merkmalen einzufangen, ist allerdings gar nicht so einfach.

Stürzende Linien, die optische Verzeichnung, reflektierende Glasflächen und wechselnde Lichtverhältnisse stellen selbst professionelle Architektur-Fotografen immer wieder vor große Herausforderungen.

Doch es gibt einen Trick: Fotografiere nur einen Ausschnitt des Gebäudes. Hierbei kannst du Linien und Formen nach Lust und Laune zu einem abstrakten Bild arrangieren.

LINIEN: Sie sind eines der wichtigsten Gestaltungsmittel in der Fotografie. Nutze sie für eine dynamische Komposition.

Linienführung beachten

Das wichtigste Kriterium, auf das du bei der Aufnahme von abstrakten Architektur-Bildern achten musst, ist die Linienführung. Frage dich, welche Linien im Bild dominant sind, um sich bei der Komposition des Bildes daran zu orientieren.

Wenn du die Hauptlinien im Bild diagonal (zum Beispiel im 45-Grad-Winkel) anordnest, entsteht fast automatisch eine dynamische Wirkung. Neige und kippe die Kamera, bis sich ein stimmiger, interessanter Bildaufbau ergibt.

Sobald du diesen gefunden hast, empfiehlt es sich, die Kamera auf einem Stativ zu befestigen. So kannst du der Komposition in Ruhe den nötigen Feinschliff geben. Blicke dabei nicht nur durch den Sucher, sondern begutachte im Live-View-Modus den Bildaufbau auf dem Display. Sobald alles passt, drücke den Auslöser.

FISHEYE: Durch den großen Bildwinkel einer Fisheye-Optik (z. B. Panasonic Lumix G 8mm 1:3,5 Fisheye) ergeben sich eindrucksvolle Gestaltungsmöglichkeiten. Dafür gibt es zum Rand hin aber starke Verzeichnungen.

Kontrastreiches Schwarzweiß

In der Architektur-Fotografie dreht sich vieles um Licht, Schatten, Formen und Linien. Viele Motive eignen sich daher auch für eine Wiedergabe in Schwarzweiß. Die Wirkung der monochromen Aufnahme hängt allerdings stark vom Wetter ab.

Dabei können harte Schatten in der prallen Mittagssonne genauso reizvoll sein wie verwaschene Grautöne bei Regenwetter. Besonders reizvoll wirken Schwarzweiß-Aufnahmen bei blauem Himmel. Mit einem digitalen Rot-Filter kannst du das Blau abdunkeln und einen dramatischen Kontrast erzeugen.

Wechsle bei deiner Kamera in den RAW- und JPEG-Modus und ändere den Bildstil kameraintern auf monochrom. So siehst du in der JPEG-Datei unmittelbar nach der Aufnahme, wie das Bild in Schwarzweiß wirkt. In der RAW-Datei hingegen sind alle Motivdetails gespeichert, und du kannst die Aufnahme weiterhin auch als Farbbild ausgeben.

SCHWARZWEIß: Durch den Verzicht auf Farbe betonst du die Linien und die Formen der Architektur.

Faszinierende Nachtfotografie

Nachts sind alle Katzen grau? Von wegen! Mit dem Sonnenuntergang beginnt eine der fotografisch reizvollsten Tageszeiten: die blaue Stunde. Gemeint ist damit die Abenddämmerung, in der sich besonders attraktive Mischlicht-Situationen ergeben.

Das Himmelsblau ist dann ungefähr von derselben Helligkeit wie die Lichter von Straßenlaternen und Fahrzeugen. Es erfordert allerdings einiges an Vorbereitung, wenn du gelungene Bildergebnisse erzielen willst.

Da das Licht schwach ist, brauchst du auf jeden Fall ein Stativ und einen Fernauslöser. Viel Zeit für die Bildgestaltung hast du dann aber nicht mehr, da das Restlicht von Minute zu Minute weniger wird.

BLAUE STUNDE: Kurz nach Sonnenuntergang ergeben sich stimmungsvolle Mischlicht-Situationen.

Idealerweise verschaffst du dir daher schon im Vorfeld einen Überblick und suchst frühzeitig den optimalen Kamerastandort und Bildausschnitt. Gebe dazu den Ortsnamen auch mal im Internet ein und lasse dich von den Suchergebnissen inspirieren.

Hilfreich ist zudem eine Sonnenstands-App, die für jeden Tag des Jahres den Zeitpunkt des Sonnenuntergangs angibt und den Sonnenstand exakt anzeigt. Stelle die Kamera in den manuellen Modus und ermittle die korrekte Belichtung über eine Spotmessung auf das Himmelsblau.

Denke daran, dass das Licht schnell schwindet, und korrigiere die Belichtung nach jeder Aufnahme.

WEITWINKEL: Eine Weitwinkel-Optik mit kurzer Brennweite, wie etwas das Tamron 11-20mm f2,8 Di III-A RXD, ermöglicht einen nahen Aufnahme-Standort und eine dramatische Perspektive.

Eine Location viele Blickwinkel

Anstatt von einem Ort zum anderen zu eilen, kann es lohnender sein, längere Zeit an einem Platz zu verbringen. Auf diese Weise hast du die Chance, sich mit der Architektur vertraut zu machen und gewinnst eine Vielzahl von Eindrücken.

Wie wir es hier am Beispiel des Potsdamer Platzes in Berlin zeigen, kannst du so auch gleich mehrere Foto-Techniken ausprobieren – und sehr außergewöhnliche Fotos schießen.

SPANNENDE DETAILS: Ziehe vor Ort fotografisch jedes Register. Der Blick direkt nach oben sollte dabei nicht fehlen.

Am besten wählst du ein Viertel, das du zu Fuß innerhalb von einer Viertelstunde durchqueren kannst. Idealerweise gibt es dort ein paar Cafés, um zwischendurch zu pausieren.

Du musst nicht zwangsläufig einen ganzen Tag lang dort bleiben, aber du solltest auf jeden Fall auch einmal am frühen Morgen und späten Abend mit der Kamera die Gegend erkunden.

Dann ändert sich das Licht, und es herrscht eine ganz besondere Stimmung, aus der wiederum vollkommen neue Bildideen entstehen können.

LICHTSPUREN: Durch eine Langzeitbelichtung werden die Lichter der Fahrzeuge als attraktive Lichtspuren wiedergegeben.

Mache dir bereits im Vorfeld einige Gedanken darüber, welche Motivarten du gerne realisieren würdest und welches Equipment du dabei einsetzen möchtest.

Auf der Liste könnte zum Beispiel stehen: Detailaufnahmen, Vogelperspektive, Froschperspektive, Weitwinkel- und Nachtaufnahmen mit Stativ. Mit solchen konkreten Bildvorstellungen vor dem inneren Auge wird dir die Motivsuche vor Ort dann viel leichter fallen.

Zugleich stellst du so sicher, dass du mit einer abwechslungsreichen Bildersammlung nach Hause zurückkehrst.

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